Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen im allgemeinen. 153
Unterbrechung der Verjährung.
§ 72. Jede auf Vollstreckung der Strafe gerichtete Handlung derjenigen
Behörde, welcher die Vollstreckung obliegt, sowie die zum Zwecke der Voll-
streckung erfolgende Festnahme des Verurteilten unterbricht die Verjährung.
Nach der Unterbrechung der Vollstreckung der Strafe beginnt eine neue
Verjährung.
Es unterbrechen also auch die Handlungen der Staatsanwaltschaft und
die Festnahme durch die Polizei die Verjährung.
5. Abschnitt.
Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen.
Einheit der Tat.
8§ 73. Wenn eine und dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze verletzt,
so kommt nur dasjenige Gesetz, welches die schwerste Strafe, und bei ungleichen
Strafarten dasjenige Gesetz, welches die schwerste Strafart androht, zur
Anwendung.
Eine und dieselbe Handlung verletzt mehrere Strafgesetze, wenn z. B.
der Täter, welcher sich an einem Mädchen unter 14 Jahren vergreift (8 1763),
das in solcher Weise tut, daß er öffentlich ein Aergernis gibt (§ 183).
Dann kommt die Strafandrohung des § 176s zur Anwendung. Man spricht
von einem begrifflichen Zusammentreffen mehrerer Straftaten in
einer natürlichen Handlungseinheit. Der technische Ausdruck ist Ideal-
konkurrenz. Die mehrfachen Gesetzesverletzungen sind in der Urteilsformel
zu erwähnen. Bei Ausmessung der Strafe nach dem schwereren Strafgesetze
kann das Gericht berücksichtigen, daß die Handlung außerdem noch das
leichtere Strafgesetz verletzt. Ist über die schwerere Straftat rechtskräftig
durch Verurteilung oder Freisprechung entschieden, so kann wegen der hierbei
übersehenen Beurteilung der Tat aus dem leichteren Strafgesetze kein neues
Verfahren eingeleitet werden, weil über eine und dieselbe Tat nur einmal
durch rechtskräftiges Urteil entschieden werden kann. Rechtskräftiger Straf-
befehl und rechtskräftige polizeiliche Strafverfügung aber schließen
Verurteilung wegen derselben Handlung nach schwererem Strafgesetze nicht aus.
Mehrere Straftaten. Gesamtstrafe.
8 74. Gegen denjenigen, welcher durch mehrere selbständige Handlungen
mehrere Verbrechen oder Vergehen, oder dasselbe Verbrechen oder Vergehen
mehrmals begangen und dadurch mehrere zeitige Freiheitsstrafen verwirkt hat,
ist auf eine Gesamtstrafe zu erkennen, welche in einer Erhöhung der verwirkten
schwersten Strafe besteht.