Einzelne Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung. 181
weise der Wahrheit nicht entspreche. Er muß aber weiter auch wissen, daß
es bei seiner eidlichen Behauptung auf den später als falsch gerügten Punkt
ankam. Wer z. B. bei Ableistung des Offenbarungseides meinte, er brauche
bereits gepfändete Sachen nicht mitanzugeben, kann sich höchstens eines fahr-
lässigen Falscheides schuldig machen (der die Vermögensstücke des Schuldners
offenbarende Eid ist ein auferlegter Eid). Die Wissentlichkeit kann weiter in
Zweifel zu ziehen sein, wenn der Wortlaut der Eidesformel, wie manchmal
geschieht, mißverständlich und ungeschickt gefaßt ist und der Schwörende ein
Mißverständnis behauptet. Manche Eide unserer Zivilrichter bedürfen aller-
dings erst noch einer selbständigen Auslegung durch einen Rechtskundigen, um
von dem Eidespflichtigen, besonders wenn er ein einfacherer Mann ist, ver-
standen zu werden. Wenn der Richter nicht im Stande ist, den Wortlaut
einfach, klar und unzweideutig zu formeln, soll er den Inhalt wenigstens selbst
eingehend mit dem Schwurpflichtigen durchgehen. Ein Eidesunmündiger, dem
versehentlich ein Eid abgenommen worden, ist straflos. Versuch des Meineides
liegt nur vor, wenn ein Teil der Beteuerungsworte: „Ich schwöre usw."“ ge-
sprochen bez. geschrieben worden ist; falsche Erklärungen ohne diese Worte
sind nur straflose Vorbereitungshandlung.
Zeugen= und Sachverständigeneid.
§ 154. (Sw.) Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher vor einer zur
Abnahme von Eiden zuständigen Behörde wissentlich ein falsches Zeugnis oder
ein falsches Gutachten mit einem Eide bekräftigt oder den vor seiner Ver-
nehmung geleisteten Eid wissentlich durch ein falsches Zeugnis oder ein
falsches Gutachten verletzt.
Ist das falsche Zeugnis oder Gutachten in einer Strafsache zum Nach-
teile eines Angeschuldigten abgegeben und dieser zum Tode, zu Zuchthaus oder
zu einer anderen mehr als fünf Jahre betragenden Freiheitsstrafe verurteilt
worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein.
Die Behörde muß zur Abnahme von Eiden nur überhaupt, im all-
gemeinen, nicht gerade für den in Frage stehenden Fall zuständig sein.
Der Inhalt des Zeugnisses oder Gutachtens muß ganz oder teilweise der
Wahrheit nicht entsprechen, der Täter muß dies bei der Eidesleistung gewußt
oder die Möglichkeit der Unwahrheit in Erwägung gezogen und weiter gewußt
haben, daß es auf die richtige Darstellung ankam. Der vernehmende Beamte
muß also auch hier darauf hinwirken, daß er richtig verstanden wird und
richtig versteht. Die Kunst, Zeugen und Sachverständige zu vernehmen, ist
keine kleine. Ungebildete Zeugen verwechseln oft, wenn sie nicht nachdrücklich
darauf hingewiesen werden, in ihren Angaben die eigenen Wahrnehmungen
und die ihnen gewordenen Mitteilungen anderer. Es ist also falsch, den
Zeugen nur über die Tatsachen zu befragen und nicht jederzeit die Quelle