Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

Einzelne Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung. 215 
Bedrohung mit Verbrechen. 
§ 241. (L. bez. A.) Wer einen anderen mit der Begehung eines 
Verbrechens bedroht, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geld- 
strafe bis zu dreihundert Mark bestraft. 
Ein Verbrechen im Sinne von § 1 muß angedroht, also in Aussicht 
gestellt werden. Die Drohung muß dem Bedrohten zur Kenntnis kommen 
und der Drohende muß diese Kenntnis seiten des anderen sowie ferner wollen, 
daß in dem Bedrohten Furcht vor der Verwirklichung der Drohung erwache. 
Sogenannte vermessene Redensarten, namentlich im Munde des derberen 
Mannes, scheiden aus. („Ich haue Dich, daß Du in keinen Sarg paßt“.) 
19. Abschnitt. 
Diebstahl und Unterschlagung. 
Einfacher Diebstahl. 
§ 242. (L. bez. A.) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen 
in der Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig zuzueignen, wird wegen 
Diebstahls mit Gefängnis bestraft. 
Der Versuch ist strafbar. 
8§ 242 behandelt den ein fachen Diebstahl. Die bewegliche Sache 
muß für den Dieb eine fremde sein, d. h. nicht in seinem alleinigen Eigen- 
tume stehn. Eine Sache, die in seinem Miteigentume steht, kann der Dieb 
stehlen. Ob Eigentum oder Miteigentum vorliegt, entscheidet sich nach den 
zivilrechtlichen Bestimmungen (bürgerl. Gesetzbuch, Handelsgesetzbuch, Wechsel- 
ordnung). Sache ist ein körperlicher Gegenstand im natürlichen Sinne. 
Auch Wasser aus MWasserleitungen und Leuchtgas sind bewegliche Sachen; 
nicht aber Elektrizität. Siehe Reichsgesetz vom 9. April 1900, betreffend 
die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit. Der Dieb muß die Sache 
einem anderen wegnehmen, d. h. dem Gewahrsam eines anderen wider dessen 
Willen entziehen. Die Entziehung des Gewahrsams kann gegenüber dem 
Eigentümer selbst, wenn dieser den Gewahrsam hatte, oder gegenüber dem 
dritten Gewahrsamsinhaber erfolgen. Wer den Gewahrsam einer Sache hat, 
entscheidet sich ebenfalls nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Der 
Diebstahl ist vollendet, wenn der Gewahrsam des anderen aufgehoben ist; 
z. B. der Dieb versteckt die in einem Keller gestohlene Weinflasche in einem 
finsteren Winkel desselben, um sie so zur Fortschaffung aus dem Hause bereit 
zu haben. Die Absicht der Zueignung liegt vor, wenn der Täter den 
Willen hat, die Sache dem bisherigen Eigentümer dauernd zu entziehen und 
über sie selbst wie ein Eigentümer zu verfügen, z. B. sie für sich zu behalten, 
zu verkaufen, zu verschenken; nicht aber bei der Absicht, die Sache nur als
	        
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