Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

Einzelne Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung. 227 
22. Abschnitt. 
Betrug und Untreue. 
Betrug. 
8 263. (L. bez. A.) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten 
einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines 
anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch 
Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder 
unterhält, wird wegen Betruges mit Gefängnis bestraft, neben welchem auf 
Geldstrafe bis zu dreitausend Mark, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehren— 
rechte erkannt werden kann. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die 
Geldstrafe erkannt werden. 
Der Versuch ist strafbar. 
Wer einen Betrug gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, 
ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. 
Der Tatbestand des Betrugs ist in seiner Form und seiner Psychologie 
ein Meisterstück der deutschen Gesetzestechnik. Seine Konstruktion muß genau 
erfaßt werden, da sie nicht einfach ist. Dann wird klar werden, daß die oft 
gehörte Klage nicht berechtigt ist, der deutsche Betrugstatbestand erfasse nicht 
alle Fälle, welche das Volksbewußtsein als „Betrug“ ansehe. 
Die Absicht des Täters muß die Erlangung des rechtswidrigen 
Vermögensvorteils bezwecken; es genügt nicht, daß der Täter das bloße Be- 
wußtsein hat, er werde sich durch die Irrtumserregung einen rechtswidrigen 
Vermögensvorteil verschaffen. Nur die Absicht, nicht die Erreichung derselben, 
nicht also die Erlangung des Vorteils selbst wird verlangt. Wegen des 
rechtswidrigen Vermögensvorteils gilt dasselbe wie bei der Er- 
pressung (§ 253). Vermögensvorteil ist Vermehrung des Vermögens durch 
ein neues Vermögensobjekt, z. B. den Erwerb einer Forderung, einer Ware, 
von Geld, oder günstigere Gestaltung der Vermögenslage, z. B. an Stelle 
einer streitigen Forderung Erlangung ihrer baren Bezahlung. Der Täter 
muß wissen, daß er kein Recht auf solche Mehrung oder Veränderung seines 
Vermögens hat. Glaubt er ein Recht darauf zu haben, so entfällt sein Ver- 
schulden. Der Betrüger muß den rechtswidrigen Vermögensvorteil sich selbst 
oder einem Dritten verschaffen wollen. 
In dieser auf Erlangung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils ge- 
richteten Absicht muß nun der Täter in einer anderen Person einen Irrtum 
dadurch erregen oder unterhalten, daß er dieser anderen Person falsche Tat- 
sachen vorspiegelt oder wahre Tatsachen entstellt oder unterdrückt. Tat- 
sachen sind äußere oder innere Vorgänge, z. B. die Absicht, eine bestellte 
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