Einzelne Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung. 259
(I.) Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt Gefängnis-
strafe oder Festungshaft bis zu einem Jahre oder Geldstrafe bis zu neun-
hundert Mark ein.
Unterlassung der Verfolgung usw.
§ 346. (L.) Ein Beamter, welcher vermöge seines Amtes bei Aus-
übung der Strafgewalt oder bei Vollstreckung der Strafe mitzuwirken hat,
wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft, wenn er in der Absicht,
jemand der gesetzlichen Strafe rechtswidrig zu entziehen, die Verfolgung einer
strafbaren Handlung unterläßt, oder eine Handlung begeht, welche geeignet
ist, eine Freisprechung oder eine dem Gesetze nicht entsprechende Bestrafung
zu bewirken, oder die Vollstreckung der ausgesprochenen Strafe nicht betreibt,
oder eine gelindere als die erkannte Strafe zur Vollstreckung bringt.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter
einem Monat ein. «
Zur Vollstreckung der Strafen gehört auch die Verhaftung und
Vorführung. Strafbare Handlung ist nur eine kriminell, nicht eine
disziplinell zu strafende Handlung. Die Handlung muß im einzelnen Falle
tatsächlich strafbar sein und der Beamte muß das wissen; es genügt nicht,
daß der Beamte die Handlung irrtümlich für strafbar hält. Unterlassung
der Verfolgung liegt auch in der Nichtanzeige seiten eines Polizeibeamten,
aber nicht aus Nachlässigkeit oder Bequemlichkeit, sondern mit dem Endzwecke,
den Schuldigen nicht zur Bestrafung zu bringen.
Entweichenlassen eines Gefangenen.
§s 347. (L.) Ein Beamter, welcher einen Gefangenen, dessen Beauf-
sichtigung, Begleitung oder Bewachung ihm anvertraut ist, vorsätzlich entweichen
läßt oder dessen Befreiung vorsätzlich bewirkt oder befördert, wird mit Zucht-
haus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so
tritt Gefängnisstrafe nicht unter einem Monat ein.
(L.) Ist die Entweichung durch Fahrlässigkeit befördert oder erleichtert
worden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu
sechshundert Mark ein.
Gefangener, f. § 120. Anvertraut, d. h. amtlich. Fahr-
lässigkeit, s. § 121.
Der Beamte muß bei Anwendung der von ihm zu fordernden Sorgfalt
und Ueberlegung haben erkennen können, daß der Gefangene entweichen könne,
ohne daß der Beamte gerade die bestimmte Art der tatsächlichen Entweichung
vorauszusehen braucht.
177