Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

Einzelne Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung. 267 
Lärm und Unfug. 
11. wer ungebührlicherweise ruhestörenden Lärm erregt oder wer groben 
Unfug verübt; 
Der Lärm muß geeignet sein, die Ruhe einer größeren 
oder kleineren Oeffentlichkeit (z. B. die Bewohner eines Hauses) zu stören, 
er braucht sie nicht wirklich gestört zu haben. Der Lärm muß in un- 
gebührlicherweise vorsätzlich erregt worden sein, d. h. ohne Berechtigung, 
zur Ungebühr. Beispiele: bellender Hund, krähender Hahn, Klavierspiel, 
Pfeifen, Hausglockeläuten. Verübung groben Unfugs liegt vor, wenn 
eine Handlung vorsätzlich vorgenommen wird, welche geeignet ist, eine 
größere oder kleinere Oeffentlichkeit ohne Befugnis unmittelbar zu 
verletzen oder zu gefährden. Beispiele: Angriff auf offener Straße, 
Ansprechen einer ehrbaren Dame seiten eines Mannes auf offener Straße 
zu Zwecken unlauterer Bekanntschaft; Entblößen der Geschlechtsteile auf 
offener Straße, beunruhigende Zeitungsartikel. In beiden Fällen muß der 
Täter das Geräusch oder die Unfugshandlung vorsätzlich wollen und 
ermessen können, daß er hierdurch die Oeffentlichkeit stören, belästigen 
oder gefährden könne und hierzu kein Recht habe. Wer zum Ge- 
räusch oder der Unfugshandlung ein Recht zu haben glaubt, nicht 
strafbar. Verübung groben Unfugs bezeichnet keine subsidiäre Straf- 
vorschrift allgemeiner Art und ist auf ungebührliche Aeußerungen der 
Presse nur, sofern sie unmittelbar die äußere Ordnung oder Ruhe ver- 
letzen, anwendbar. Sozialdemokratische Kundgebung, insbesondere das 
demonstrative Tragen einer roten Fahne, kann grober Unfug sein. 
Pfandleiher. 
12. wer als Pfandleiher oder Rückkaufshändler bei Ausübung seines Ge- 
werbes den darüber erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt, insbesondere 
den durch Landesgesetz oder Anordnung der zuständigen Behörde 
bestimmten Zinsfuß überschreitet; 
Gew.-O. 88 38, 35. 
Tierquälerei. 
13. wer öffentlich oder in Aergernis erregender Weise Tiere boshaft 
quält oder roh mißhandelt; 
Oeffentlich, d. h. mit der Möglichkeit der Wahrnehmung 
seiten einer unbegrenzten Anzahl Menschen. In Aergernis 
erregender Weise, es muß eine Person Anstoß genommen haben. 
Boshaftes Quälen, nicht zu einem vernünftigen Zwecke, sondern 
aus böser Absicht, um des Quälens selbst willen. Rohe Miß- 
handlung, körperliche Mißhandlung in einer eine gemeine Gesinnung 
offenbarenden Weise; kann auch durch Unterlassung (Nichtgewährung 
von Futter) geschehen.
	        
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