Recht der Schuldverhältnisse. — Sachenrecht. 299
Verlust des Besitzes.
§ 856. Der Besitz wird dadurch beendigt, daß der Besitzer die tatsäch-
liche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert.
Durch eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung in der Aus-
übung der Gewalt wird der Besitz nicht beendigt.
Von Bedeutung für Vollendung des Diebstahls.
Uebergang auf Erben.
5 857. Der Besitz geht auf den Erben über.
Mit dem Tode des Erblassers geht der Besitz auf den oder die Erben
über; sie können also bestohlen werden. Mehrere Erben haben Mitbesitz; der
Erbe kann sich also an Erbschaftssachen vor der Teilung der Unterschlagung
schuldig machen.
Besitzstörung.
§ 858. Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder
ihn im Besitze stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die
Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
Der durch verbotene Eigenmachr erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die
Fehlerhaftigkeit muß der Nachfolger im Besitze gegen sich gelten lassen, wenn
er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaf#igkeit des Besitzes seincs Vor-
gängers bei dem Eiwerbe kennt.
Selbsthülfe des Besitzers bei Besitzstörung.
*859. Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt er-
wehren.
Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittels verbotener Eigenmacht
weggenommen, so darf er sie dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten
Täter mit Gewalt wieder abnehmen.
Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigen-
macht entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des Besitzes durch
Entsetzung des Täters wieder bemächtigen.
Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher
nach § 858 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen muß.
Von Bedeutung bei der Nötigung (§ 240 Str.G. B.), eventuell wie
Hausfriedensbruch (§ 123 Str.G. B.).
§ 860. Zur Ausübung der dem Besitzer nach § 859 zustehenden Rechte
ist auch derjenige befugt, welcher die tatsächliche Gewalt nach § 855 für den
Besitzer ausübt.