Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

Gewerbeordnung. 537 
väterlichen Zucht mißbraucht, oder zur Erfüllung der ihm vertrags- 
mäßig obliegenden Verpflichtungen unfähig wird. 
Der Lehrvertrag wird durch den Tod des Lehrlings aufgehoben. Durch 
den Tod des Lehrherrn gilt der Lehrvertrag als aufgehoben, sofern die Auf— 
hebung binnen vier Wochen geltend gemacht wird. 
Zeugnis des Lehrlings. 
§ 127e. Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem 
Lehrling unter Angabe des Gewerbes, in welchem der Lehrling unterwiesen 
worden ist, über die Dauer der Lehrzeit und die während derselben erworbenen 
Kenntnisse und Fertigkeiten, sowie über sein Betragen ein Zeugnis auszustellen, 
welches von der Gemeindebehörde kosten= und stempelfrei zu beglaubigen ist. 
An Stelle dieser Zeugnisse treten, wo Innungen oder andere Vertretungen 
der Gewerbetreibenden bestehen, die von diesen ausgestellten Lehrbriefe. 
Austretender Lehrling; Strafandrohung. 
§ 1274. Verläßt der Lehrling in einem durch dies Gesetz nicht vor- 
gesehenen Falle ohne Zustimmung des Lehrherrn die Lehre, so kann letzterer 
den Anspruch auf Rückkehr des Lehrlings nur geltend machen, wenn der 
Lehrvertrag schriftlich geschlossen ist. Die Polizeibehörde kann in diesem Falle 
auf Antrag des Lehrherrn den Lehrling anhalten, so lange in der Lehre zu 
verbleiben, als durch gerichtliches Urteil das Lehrverhältnis nicht für aufgelöst 
erklärt ist, oder dem Lehrlinge durch einstweilige Verfügung eines Gerichts 
gestattet ist, der Lehre fern zu bleiben. Der Antrag ist nur zulässig, wenn 
er binnen einer Woche nach dem Austritte gestellt ist. Im Falle unbegründeter 
Weigerung der Rückkehr hat die Polizeibehörde den Lehrling zwangsweise 
zurückführen zu lassen oder durch Androhung von Geldstrafe bis zu fünfzig 
Mark oder Haft bis zu 5 Tagen zur Rückkehr anzuhalten. 
Auflösung des Lehrvertrags. 
§ 127e. Wird von dem gesetzlichen Vertreter für den Lehrling oder, 
sofern der letztere volljährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn die schriftliche 
Erklärung abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder anderen 
Beruf übergehen werde, so gilt das Lehrverhältnis, wenn der Lehrling nicht 
früher entlassen wird, nach Ablauf von vier Wochen als aufgelöst. Den Grund 
der Auflösung hat der Lehrherr in dem Arbeitsbuche zu vermerken. 
Binnen neun Monaten nach der Auflösung darf der Lehrling in demselben 
Gewerbe von einem anderen Arbeitgeber ohne Zustimmung des früheren 
Lehrherrn nicht beschäftigt werden.
	        
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