Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

II. Strafprozeßordnung. — Erstes Buch. — 6. Abschnitt. 53 
Polizeibehörde kann landesrechtlich die Befugnis besitzen, das Erscheinen — 
nicht aber die Aussage — des Zeugen durch Strafen oder Sistierung an Polizei- 
stelle zu erzwingen (Preußen, Sachsen usw.). Die Polizeibehörde hat die Be- 
fugnis, die Namen von Zeugen, welche für einen Vorgang Bedeutung haben, 
zwangsweise festzustellen. In Preußen haben polizeilich vernommene Zeugen auf 
Zeugengebühren in derselben Höhe Anspruch wie bei Vernehmung vor Gericht 
(Gebührenordnung vom 30. Juni 1878, R.G.Bl. S. 173 und Ministerial- 
Erlaß vom 15. Oktober 1865, Min.-Bl. S. 282). 
Verweigerung des Zeugnisses. 
§ 51. Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt: 
1, der Verlobte des Beschuldigten; 
2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; 
3. diejenigen, welche mit dem Beschuldigten in gerader Linie ver- 
wandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden, oder in der 
Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten 
Grade verschwägert sind, auch wenn die Ehe, durch welche die 
Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht. 
Die bezeichneten Personen sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht 
zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren. Sie können den Verzicht 
auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen. 
Nur der Richter, nicht auch Staatsanwalt und Polizeibeamter müssen 
die bezeichneten Personen in der angegebenen Richtung belehren. 
§ 52. Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt: 
1. Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei Ausübung der 
Seelsorge anvertraut ist; 
2. Verteidiger des Beschuldigten in Ansehung desjenigen, was ihnen 
in dieser ihrer Eigenschaft anvertraut ist; 
3. Rechtsanwälte und Aerzte in Ansehung desjenigen, was ihnen bei 
Ausübung ihres Berufs anvertraut ist. 
Die unter Nr. 2, 3 bezeichneten Personen dürfen das Zeugnis nicht ver- 
weigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. 
§ 53. Oeffentliche Beamte, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind, 
dürfen über Umstände, auf welche sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit 
bezieht, als Zeugen nur mit Genehmigung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde oder 
der ihnen zuletzt vorgesetzt gewesenen Dienstbehörde vernommen werden. Jür 
den Reichskanzler bedarf es der Genehmigung des Kaisers, für die Minister
	        
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