Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

62 II. Strafprozeßordnung. — Erstes Buch. — 8. Abschnitt. 
Er kann im Falle der Weigerung durch die im § 69 bestimmten Zwangs- 
mittel hierzu angehalten werden. Gegen Personen, welche zur Verweigerung 
des Zeugnisses berechtigt sind, finden diese Zwangsmittel keine Anwendung. 
Die Zwangsmittel des § 95 hat nur der Richter, haben nicht Staats- 
anwaltschaft und Polizeibehörde. Der Staatsanwalt hat erforderlichen Falles 
bei dem Richter die Einleitung des Zwangsverfahrens zu beantragen. Aus- 
nahmen bei Gefahr im Verzuge (§ 98). Die Zwangsmittel können selbst- 
verständlich nicht gegen den Beschuldigten, sondern nur gegen dritte an der 
Straftat unbeteiligte Personen angewendet werden und haben praktische Be- 
deutung nur, wenn die gesuchten Sachen bei den betreffenden Personen nicht 
gefunden werden, aber Verdacht besteht, daß sie gleichwohl in deren Gewahrsam 
seien. Vorher Durchsuchung nach § 103 zulässig. Gegen den Beschuldigten 
nur Durchsuchung nach § 102 möglich. 
§ 96. Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in 
amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch Behörden und öffent- 
liche Beamte darf nicht gefordert werden, wenn deren oberste Dienstbehörde 
erklärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke 
dem Wohle des Reichs oder eines Bundesstaates Nachteil bereiten würde. 
§ 97. Schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und den- 
jenigen Personen, die wegen ihres Verhältnisses zu ihm nach 8§8§ 51, 52 zur 
Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind, unterliegen der Beschlagnahme 
nicht, falls sie sich in den Händen der letzteren Personen befinden und diese 
nicht einer Teilnahme, Begünstigung oder Hehlerei verdächtig sind. 
Auch von der Peolizeibehörde, wenn sie bei Gefahr im Verzuge 
selbständig tätig wird, zu beachten. 
Berechtigung zur Beschlagnahme. 
§ 98. Die Anordnung von Beschlagnahmen steht dem Richter, bei 
Gefahr im Verzug auch der Staatsanwaltschaft und denjenigen Polizei= und 
Sicherheitsbeamten zu, welche als Hülfsbeamte der Staatsanwaltschaft den 
Anordnungen derselben Folge zu leisten haben. « 
Ist die Beschlagnahme ohne richterliche Anordnung erfolgt, so soll der 
Beamte, welcher die Beschlagnahme angeordnet hat, binnen drei Tagen die 
richterliche Bestätigung nachsuchen, wenn bei der Beschlagnahme weder der 
davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war, oder wenn 
der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger 
desselben gegen die Beschlagnahme ausdrücklichen Widerspruch erhoben hat. 
Der Betroffene kann jederzeit die richterliche Entscheidung nachsuchen. So
	        
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