II. Strafprozeßordnung. — Erstes Buch. — 8. Abschnitt. 63
lange die öffentliche Klage noch nicht erhoben ist, erfolgt die Entscheidung
durch den Amtsrichter, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat.
Ist nach erhobener öffentlicher Klage die Beschlagnahme durch die
Staatsanwaltschaft oder einen Polizei= oder Sicherheitsbeamten erfolgt, so ist
binnen drei Tagen dem Richter von der Beschlagnahme Anzeige zu machen
und sind demselben die in Beschlag genommenen Gegenstände zur Verfügung
zu stellen.
In den Fällen von Absatz 2 und 3 hat die Polizeibehörde rechtzeitig
Bericht an die Staatsanwaltschaft oder das Amtsgericht zu erstatten.
Beschlagnahmen in militärischen Dienstgebäuden, zu welchen auch Kriegs-
fahrzeuge gehören, erfolgen durch Ersuchen der Militärbehörde, und auf Ver-
langen der Zivilbehörde (Richter, Staatsanwaltschaft) unter deren Mitwirkung.
Des Ersuchens der Militärbehörde bedarf es jedoch nicht, wenn die Beschlag-
nahme in Räumen vorzunehmen ist, welche in militärischen Dienstgebäuden
ausschließlich von Zivilpersonen bewohnt werden.
Gefahr im Verzuge liegt vor, wenn die Befürchtung begründet ist, eine
Verzögerung könne den Zweck der Beschlagnahme vereiteln. Ob dies der Fall
ist, entscheiden Staatsanwaltschaft und Polizeibehörde bezw. der einzelne mit
der Sache befaßte Beamte selbst. Es handelt sich insoweit nur um Beschlag-
nahme in einem Strafverfahren. Unberührt bleibt die Befugnis der Polizei-
beamten, aus sicherheits= und wohlfahrtspolizeilichen Gründen unter den
erforderlichen Voraussetzungen Gegenstände in Gewahrsam zu nehmen.
Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen.
§ 99. Zulässig ist die Beschlagnahme der an den Beschuldigten ge-
richteten Briefe und Sendungen auf der Post sowie der an ihn gerichteten
Telegramme auf den Telegraphenanstalten; desgleichen ist zulässig an den
bezeichneten Orten die Beschlagnahme solcher Briefe, Sendungen und Tele-
gramme, in betreff derer Tatsachen vorliegen, aus welchen zu schließen ist, daß
sie von dem Beschuldigten herrühren oder für ihn bestimmt sind und daß ihr
Inhalt für die Untersuchung Bedeutung habe.
§ 100. Zu der Beschlagnahme (§ 99) ist nur der Richter, bei Gefahr
im Verzug und, wenn die Untersuchung nicht bloß eine Uebertretung betrifft,
auch die Staatsanwaltschaft befugt. Die letztere muß jedoch den ihr aus-
gelieferten Gegenstand sofort, und zwar Briefe und andere Postsendungen
uneröffnet, dem Richter vorlegen.