Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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preußische General Wedell griff sie in der Flanke und im Rücken zugleich an, und 
nun hatte alle Verteidigung ein Ende. Nur die einbrechende Nacht und die guten 
Anstalten Nadasdis, der den Rückzug des linken Flügels deckte und die Preußen 
abhielt, sich, ehe es dunkel wurde, der Brücken über das Schweidnitzer Wasser zu 
bemächtigen, rettete den Rest des Heeres vom gänzlichen Untergange. Bei Kollin 
war es nicht Kriegskunst noch Tapferkeit, sondern die eisenspeienden Maschinen, 
auf unzugangbare Höhen gestellt, die großenteils das Schicksal des Tages be— 
stimmten; bei Leuthen aber entschied Taktik und Tapferkeit allein den Sieg. Man 
machte auf dem Schlachtfelde 21500 Gefangene, worunter 307 Offiziere waren, 
und eroberte 134 Kanonen nebst 59 Fahnen. Von den Osterreichern waren 6500 
tot oder verwundet, und 6000 Deserteure gingen nach der Schlacht zu den Siegern 
über. Der preußische Verlust, war 2660 Tote und Verwundete. 
62. 
Die Presse im Siebenjährigen Kriege. 
Quelle: Nr. 70 der „Vossischen Zeitung“, Berlin 1760. 
Fundort: E. Buchner a. a. O. S. 93—94. 
Hauptquartier Hof, vom 31. Mai. 
Der Wienerische Hof hat sich bekanntermaßen bisher schon viele Mühe ge- 
geben, um den Lauf unserer Zeitungen im Reiche zu hindern. Es müssen aber die 
dazu angewandten Mittel nicht zugereicht haben, um die Wahrheit zu unter- 
drücken, indem der Kaiser nunmehr sich angemaßet, nicht allein die hiesigen und 
Leipziger Zeitungen im Römischen Reiche zu verbieten, sondern auch dem 
Regensburger und vermutlich auch anderen Zeitungsschreibern verwiesen, daß in 
ihren Zeitungen vielfältig solche Dinge enthalten wären, die das Betragen des 
Königs von Preußen begünstigten, und ihnen zugleich bei scharfer Ahndung an- 
befohlen, künftig nichts anderes ihren Zeitungen einzuverleiben, als was in den 
Journalen der sogenannten Reichs= und Kaiserlichen Armee, dann den Wiener 
Zeitungen, als den genuinen und wahrhaften Nachrichten von den Kriegs- 
operationen, enthalten. Es ist nicht genug, daß eine Gesellschaft von Pedanten, 
die sich in ihren Gedanken damit belustigen, daß sie glauben, durch ihre Macht- 
sprüche das Schicksal großer Könige und Fürsten entscheiden zu können, so viele ge- 
krönte Häupter und verehrungswürdige Regenten auf eine niederträchtige Art miß- 
handeln; es ist nicht genug, daß man die Freiheit des deutschen Reiches völlig 
unter die Füße tritt, und die mindermächtigen Reichsstände zwinget, sich selbst 
Fesseln zuzubereiten und in alle Maßregeln des Wienerischen Hofes, wider ihren 
Willen, einzugehen; sondern es soll auch so gar kein Deutscher von demjenigen, 
was in der Welt vorgeht, mehr anders wissen noch glauben, als man zu Wien 
haben will. Dieses ist eine ganz neue Art und die höchste Stufe einer despotischen 
Gewalt, wovon man in den Geschichten nicht leicht ein Beispiel hat. Hierdurch 
wird ein neues Inquisitionsgerichte in Welthändeln errichtet. Es stehet aber dahin, 
ob der vorgesetzte Endzweck dadurch wird erreicht werden. Die Wahrheit hat noch 
allezeit Mittel gefunden, durch alle Hindernisse hindurch zu dringen. Haben die 
Wienerische und andere Reichszeitungen wegen der vielen Unwahrheiten, auf welche 
sie so oft betroffen worden, unter den Unparteiischen so viel Ungläubige gemacht, 
so wird die Anzahl derselben noch zunehmen, wenn ihnen nicht weiter erlaubt 
sein soll, die beiderseitigen Nachrichten zu lesen und miteinander zu vergleichen.
	        
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