Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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lesimo, Dego und Mondovi findet sich kein solcher. Alle wünschen bei der Rückkehr 
in ihre Heimat mit Stolz sagen zu können: ich war bei der siegreichen Armee, die 
Italien erobert! 
Freunde! Ich verspreche euch diese Eroberung. Aber vorher müßt ihr die Er— 
füllung einer Bedingung schwören: die Völker zu ehren, die ihr befreit, die schreck— 
lichen Plünderungen zu unterlassen, die einige von unseren Feinden aufgestachelte 
Taugenichtse begehen. Ohne diese Erfüllung würdet ihr nicht die Befreier, sondern 
die Peiniger der Völker sein; die Ehre Frankreichs müßte euch dann verleugnen. 
Sowohl ich als die Generale, die euer Vertrauen besitzen, wir würden erröten, 
ein zügelloses Heer ohne Manneszucht zu befehligen, das kein anderes Gesetz 
kennt als die Gewalt. Doch mit der Würde des Oberbefehls ausgerüstet, stark 
durch die Gerechtigkeit und das Gesetz, werde ich jener kleinen Zahl mut- und 
herzloser Menschen Ehrfurcht vor den Gesetzen der Menschlichkeit und der Ehre 
einzuprägen wissen, die sie mit Füßen treten. Die Plünderer werden ohne Gnade 
erschossen. An mehreren wurde die Strafe bereits vollzogen. Aber ich habe auch 
mit Freuden bemerkt, mit welchem Eifer die guten Soldaten meiner Armee meine 
Befehle befolgten. 
Völker von Italien, das französische Heer kommt, um euere Fesseln zu 
sprengen. Das französische Volk ist ein Freund aller Völker. Habt Vertrauen zu 
uns; euer Eigentum, euere Religion, euere Sitten sollen geachtet werden! 
Wir führen als großmütige Feinde Krieg, und nur gegen die Tyrannen, die 
ecuch unterfochen. 
86. 
Die Deutschen sind „keine Nation mehr“. 
1. Quelle: Brief der Frau Rat Goethe an Christiane Vulpius vom 
12. Januar 1798. 
Fundort: A. Köster, Briefe der Frau Rat Goethe. Leipzig 1904. Bd. 1. S. 286. 
Liebe Freundin! 
Wir leben hier in wunderlichen Ereignissen und Begebenheiten — der 
Friede sieht dem Krieg so ähnlich wie zwei Tropfen Wasser, nur daß kein Blut 
vergossen wird — Mainz ist in französischen Händen so wie die ganze Gegend — 
was uns bevorsteht, ist in Dunkelheit eingehüllt — gekocht wird etwas, das ist 
gewiß — denn um nichts sitzt unsere Obrigkeit nicht bis Nachts 11 Uhr im 
Rathaus — ich begreife nicht, was der Kongreß in Rastatt eigentlich für Nutzen 
haben soll — da die Franzosen die Macht in Händen haben — die dürfen ja nur 
befehlen — wer will es wehren — genug von der Sache — die Deutschen sind 
kein Volk, keine Nation mehr und damit Punktum . . ... 
S 
Ihre treue Freundin und Mutter 
Goethe. 
2. Quelle: Brief der Frau Rat Goethe an ihren Sohn 
vom 20. Januar 1798. 
Fundort: A. Köster a. a. O. Bd. 2. S. 41. 
Lieber Sohn! 
Wir leben hier ganz ruhig und in der besten Hoffnung, daß wir bleiben, 
was wir sind — ich für meine Person befinde mich wie gewöhnlich ganz zu-
	        
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