Die innere Entwicklungegeschichte des Dreiverbandes. 31
6. Juni 1905 (oder im Oktober 1903, beim Empfang
im Elpsée zu Ehren König Biktor Emanuels III. —
das ist schließlich gleichgültig) patte Rouvrier dem Kol-
legen — angeblich in Bülowes Wiedergabe einer
kaiserlichen Außerung — die Worte entgegengehalten:.
„L’'Allemagne vous reproche Tavoir débauché Pltalie“
(Deutschland wirft Ihnen vor, Italien verführt zu
haben). Natürlich empfand die dreibundfreundliche
Presse diese Bloßstellung sehr unangenehm. Welcher
Art eigentlich die italienische „Extratour“ gewesen sein
mag, das ließ eine Enthüllung Judets im „Eclair“
vom 15. Oktober erraten:
Tommaso Tittoni (damals italienischer Minister
des Jußern) scheine mit einer sonderbaren Gewandt-
heit daran gearbeitet zu haben, Frankreich in einer
gewagten Aktion zu kompromittieren. „Nachdem er
mit unserem Botschafter beim Quirinal von einer
doppelten Eventualität gesprochen, der des Einzuges
französischer Truppen in Marokko, dem sofort der
Einzug deutscher Truppen in das Departement Meurthe-
et-Moselle gefolgt wäre, drängte er uns zu den äußersten
Entschlüssen, indem er den Wunsch Englands mitteilte,
ein Einvernehmen mit Frankreich herzustellen. „Wenn
dem so ist,“ sagte er zu Herrn Barrere, „so haben Sie
nichts zu fürchten; ein französisch-englisches Einver--
nehmen ist die beste Bürgschaft des Friedens in Europa;
Deutschland wird es nie wagen, Sie anzugreifen.“
Eleichzeitig ließ aber der Eclair durchblicken, daß
er in dem merkwürdigen Drängen Tittonis nur eine
Falle witterte; denn in der „Agenzia italiana“ erklärte
der letztere: „Man kann dessen sicher sein, daß JItalien,
was auch immer geschehen mag, seine Pflicht mit der
gleichen Entschlossenheit zu erfüllen wissen wird, mit
der es den Frieden verteidigt hbat. Man darf aber nicht
Helmolt, Der Weltkrieg.