Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

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«ie bunteste Mannigfaltigkeit aufweisen. Man denke nur an die ver- 
schiedenartigen Verbindungen der Dampfkessel, Maschinen, Wasserräder, 
Transmissionen, Rohrleitungen, Kräne usw. mit den Fabrikgebäuden, um 
die Schwierigkeiten einer Scheidung zwischen beweglichem und unbeweg- 
lichem Geschäftsvermögen zu ermessen. In dieser Beziehung ist es besonders 
lehrreich, daß in den Inventuren der Fabrikbesitzer die Maschinenanlagen 
bald sämtlich mit den Grundstücken, bald sämtlich getrennt von diesen, 
bald aber auch teils mit, teils getrennt von den Grundstücken bewertet 
werden, ohne daß allgemeine Regeln erkennbar wären, die hierbei zur Richt- 
schnur dienten. In der Tat läßt sich die Frage, was z.B. bei einer Maschinen- 
fabrik, einer Dampfmühle, einer Brauerei, einer Ziegelei, einem Bergwerk, 
einem Hüttenwerke dem beweglichen und was dem unbeweglichen Ver- 
mögen zuzurechnen ist, auch von dem kompetentesten Beurteiler sehr ver- 
schieden beantworten. Wollte man daher verhindern, daß bei der Ein- 
schätzung zu einer Steuer vom beweglichen Vermögen in bezug auf die Ab- 
grenzung der von dieser Steuer betroffenen Vermögensteile die größten 
Ungleichmäßigkeiten unterlaufen, so würden in der hier fraglichen Richtung 
die detailliertesten Bestimmungen erforderlich werden, bei deren Aufstellung 
es wiederum ohne Willkürlichkeiten und die mit solchen verbundenen Un- 
gerechtigkeiten nicht abgehen würde. Selbst wenn es aber gelingen sollte, 
eine auf dem Papiere befriedigende Lösung dieser Aufgabe zu finden, so 
würde die praktische Anwendung der betreffenden Vorschriften nicht ohne 
«ie lästigsten und zeitraubendsten Ermittlungen an Ort und Stelle zu er- 
möglichen sein. In den vom Finanzministerium eingeholten Gutachten be- 
währter Fachmänner wird denn auch wiederholt nachdrücklich hervor- 
gehoben, daß die Sonderung des beweglichen Betriebsvermögens eines Ge- 
werbetreibenden von dem unbeweglichen zu den allerschwierigsten Aufgaben 
der Steuerpraxis gehören würde; viel leichter werde der Wert des ge- 
samten Betriebsvermögens im ganzen zutreffend zu erfassen sein, als der 
des mobilen Betriebskapitals für sich. 
„Gerasdezu unüberwindlichen Schwierigkeiten aber müßte die richtige 
Veranlagung einer auf das bewegliche Vermögen beschränkten Vermögens- 
steuer bei denjenigen Gewerbetreibenden begegnen, bei denen sich die Zu- 
sammensetzung des Betriebskapitals aus beweglichen und unbeweglichen 
Bestandteilen fortgesetzt ündert. llierher &ehört die große Gruppe der 
Grundstücksspekulanten und der Bauunternehmer, welche Häuser zum 
Zwecke des Verkaufs errichten. Bei ihnen kann es vorkommen, daß sie 
heute ausschließlich unbewegliches, bald nachher aber, wenn ihnen ein Ver- 
kauf geglückt ist, bedeutendes bewegliches Vermögen besitzen, das sie 
vielleicht schon nach kurzer Zeit erneut in Immobilien anlegen. Würde 
ihre Beiziehung zu der vorgeschlagenen Vermögenssteuer je nach der Zu- 
sammensetzung ihres Vermögens im Augenblick der Veranlagung bemessen, 
so würde dies ein reines Spiel des Zufalls sein, und die hieraus folgenden 
Unzuträglichkeiten würden nur noch gesteigert, wenn nach dem Antrag 
Dr. Mehnert-Georgi dreijährige Veranlagungsperioden eingeführt werden 
‚sollten. 
„Ein kaum lösbares Problem bietet bei einer auf das bewegliche 
Vermögen beschränkten Vermögenssteuer ferner die Frage des Schulden- 
abzugs.. Von Vermögen im wirtschaftlichen Sinne kann zweifellos erst 
dann die Rede sein, wenn von dem Betrage der Aktiva die Summe der 
Passiva abgezogen ist. Eine Besteuerung des Vermögens ohne Zulassung 
.des Schuldenabzugs ist ein Unding und würde sich auch nicht durch Bezug- 
‚nahme auf die Nichtberücksichtigung der Schuldzinsen bei der Grundsteuer 
rechtfertigen lassen. Denn bei der Grundsteuer bildet nicht der Wert des 
jeweilig in der Hand eines Steuerpflichtigen vereinigten Grundvermögens, 
sondern der nach objektiven Grundsätzen ermittelte Durchschnittsertrag 
der einzelnen Grundparzellen den Maßstab der Besteuerung, wobei natur- 
gemäß die von dem jeweiligen Besitzer aus dem Ertrage zu entrichtenden 
Schuldzinsen außer Betracht bleiben müssen. Eine partielle Vermögens- 
.steuer, wie die vorgeschlagene Steuer auf das bewegliche Vermögen, würde 
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