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Gesichtspunkt der entscheidende sein, und die alsdann unver-
meidlichen, aus dem theoretischen Gesichtspunkte nicht abzu-
leugnenden Inkonsequenzen und Mängel der Gesetzgebung müs-
sen darin ihre Entschuldigung finden, daß ihre Beseitigung
nur durch größere Beschwerden zu erkaufen gewesen wäre.“
Auf dieser Basis sollte die Gewerbe- und Personalsteuer zwar,
„soweit es praktisch möglich oder, ohne andere Interessen zu
gefährden, zulässig ist, das persönliche Einkommen jedes steuer-
pflichtigen Staatsangehörigen zum Objekt haben;“ ‚es wird
jedoch“ — so hieß es in den Motiven weiter — „eine genaue
Ausmittelung des individuellen Erwerbs dadurch vermieden,
daß die Höhe des Steuersatzes entweder von äußerlich wahr-
nehmbaren Verhältnissen, welche bei gewissen Gewerben auf
den mehrern oder mindern Ertrag schließen lassen, abhängig
gemacht, oder dessen Bestimmung der Abschätzung unter Zu-
ziehung von Personen, welche der zu berücksichtigenden Orts-
und Individualverhältnisse kundig sind, überlassen wird.“
Bei den ständischen Verhandlungen über den Entwurf des
Gewerbe- und Personalsteuergesetzes vertrat man prinzipiell
zwar die Auffassung, daß der Weg, jeden einzelnen Gewerbe-
treibenden „nach dem mutmaßlichen Ertrage seines Gewerbes“
abzuschätzen — also nach dem Prinzip der Einkommensteuer
— an sich rationeller sei als die im Entwurf angenommene
Methode der Einschätzung nach Gewerbeklassen usw. Indessen
entschieden sich die Stände für das letztere Verfahren, weil
1. „dasselbe“ — so heißt es in jenem Deputationsbericht
der I. Kammer!) — „bereits früher bei der Provisorial-
und Exemtensteuer in Sachsen befolgt worden war, bei
der Quatembersteuer aber fortwährend noch angewen-
det wird, mithin eine bekannte, gewohnte Methode ist;
wei
2. das ganze Steuergesetz nur als ein provisorisches be-
zeichnet wurde, so daß künftig, vorzüglich bei dem
Eintritt eines neuen Grundsteuersystems, jener ratio-
nellere Weg schon um deswillen eingeschlagen wer-
den muß, um die Prozente festzustellen, nach welchen
das Grundeigentum und das Gewerbe zu den Staats-
lasten beigezogen werden soll.“
Wie nun die Gewerbe- und Personalsteuer im einzelnen
ausgebildet war, soll im folgenden gezeigt werden.
II. Die Einrichtung der neuen Gewerbe- und
Personalsteuer.
Die Gewerbe- und Personalsteuer zerfiel, wie schon der
Name andeutet, in die beiden großen Steuerkategorien: in
die Gewerbesteuer und in die Personalsteuer. Jede dieser Ab-
1) Landt.-Akt. 1834, Beil. der I. K. Bd. 2 S. 191.