Aus den Jahren 1850 bis 1866 133
Heute Nachmittag war Pferderennen, wohin ich mit Lerchenfeld
und Hompesch fuhr. Auf der Tribüne für die Souveräne waren der
Kaiser, der Kurfürst von Hessen, der Herzog von Meiningen und einige
andre.
Nach dem Rennen ging ich noch zum Großherzog von Baden. Er
erzählte mir aus der Fürstenkonferenz, daß diejenigen Souveräne, welche
an der Reformakte etwas auszusetzen fänden, von Oesterreich und der
Majorität terrorisiert würden. Er habe sich erlaubt, darauf aufmerksam
zu machen, daß man doch nicht ohne Geschäftsordnung diskutieren könne,
sein Einwurf sei aber nicht berücksichtigt worden. Man habe fortgefahren
zu sprechen, und zuletzt habe der Kaiser gesagt: „Wir wollen es einmal
mit der Abstimmung über die einzelnen Paragraphen probieren“, und aus
dem Probieren sei dann Ernst geworden. Gleich nach der Vorlesung des
ersten Artikels über den Zweck des Bundes habe der Kaiser gefragt, ob
jemand etwas dagegen zu erinnern habe. Da niemand das Wort ergriffen,
so habe er, der Großherzog, bemerkt, er müsse doch darauf aufmerksam
machen, daß dieser Artikel die wichtigsten staatsrechtlichen Fragen in sich
schließe, da sich aber keiner der Herren darüber ausspreche, so nehme er
an, daß man eben keine Diskussion wolle. Darüber allgemeines Mißver-
gnügen. Man habe ihn gefragt, ob er etwas Besseres wüßte u. s. w. Ueber-
haupt werde durch Terrorismus und Intrige jede von der österreichischen
Ansicht abweichende Ansicht niedergehalten. Der Großherzog scheint von
der Ansicht auszugehen, daß hier Preußen zugrunde gerichtet werden
soll, und daß er berufen ist, dies zu hindern. Abends traf ich bei Madame
Metzler den Fürsten Metternich, Rechberg, den Erbprinzen von Meiningen
und einige Diplomaten und viele elegante Damen von Frankfurt. Ich
machte mich bald aus dem Staube.
24. August.
Nachmittags vor meiner Abreise ging ich noch einen Augenblick zum
Herzog, der eben aus der Fürstenkonferenz kam und sehr befriedigt über
deren Resultat war (sechs Stimmen im Direktorium). Er hat Hoffnung,
daß die Sache zustande kommen werde.
Um 4 Uhr reiste ich nach Sayn ab, überzeugt, daß im standesherrlichen
Interesse nichts zu tun sei, und ermüdet von einer Existenz, die dadurch
peinlich wurde, daß ich nur halb hörte und erfuhr, was geschah, und da-
bei zu einem Urteil aufgefordert wurde von Leuten, die eingeweiht waren,
über Dinge, die ich eben nur halb kannte, und durchdrungen von der
Wahrheit des Spruchs: „Wo deines Amtes nicht ist, da laß deinen
Fürwitz!“