Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

188 Aus den Jahren 1850 bis 1866 
wieder ein Hindernis beseitigt. Nun schrieb Holnstein noch ein Billett an 
Lutz, um ihm vorzuschlagen, heute mit ihm über die Sache zu sprechen. 
Die Besprechung mit Lutz hat stattgefunden. Er ging auf alle einzelnen 
Punkte des Programms ein und hatte über einige noch genauere Auskunft 
zu verlangen, namentlich über die, welche das Innere betreffen. Er wollte 
wissen, ob ich in dem Ausdruck „strenge Unterordnung unter das Gesetz 
wird u. s. w.“ die Absicht habe, eine größere Abhängigkeit der Verwaltung von 
den Gerichten zu veranlassen, die Verwaltung mehr binden wolle und dies 
durch Vorlegung von Gesetzentwürfen zu tun beabsichtige. Gegen den 
Verwaltungsgerichtshof hatte er nichts zu erinnern. In der Frage wegen 
der Unabhängigkeit des Richterstandes und der Rechtspflege fragte er, ob 
damit positive Aenderungen beabsichtigt würden, was ich ebenfalls verneinte 
und nur hervorhob, daß bei einem Programm, wenn es veröffentlicht 
würde, sämtliche Zweige der Verwaltung durchgegangen werden müßten 
und dieser Grundsatz also nicht übergangen werden könne. 
In betreff des Friedens der Konfessionen fragte er, ob ich zu Kon- 
zessionen gegenüber der Kirche neige und zu Abänderungen oder Verbesserungen 
zugunsten der Kirche geneigt wäre, was ich so allgemein verneinte. Ich 
hielte, sagte ich, eine Verständigung mit der Kirche, namentlich über das 
Verhältnis des Konkordats zur Verfassung für wünschenswert. Die gesetz- 
liche Regelung des Ministerrats halte er für bedenklich, namentlich aber- 
malige Vorlage des Verantwortlichkeitsgesetzes an die Kammern, der Zweck 
werde auch ohne es erreicht. 
Schließlich kamen wir dahin überein, daß ich auf eine sofortige 
Aenderung des Ministeriums verzichten wolle, damit die einzelnen Minister 
noch Gelegenheit hätten, sich gegen etwaige Angriffe vor den Kammern 
zu rechtfertigen. Selbst der Justizminister solle bleiben. Vor den Weihnachts- 
tagen sei jetzt mit dem König nichts zu machen. Ich könnte also heute 
abreisen, möchte aber am 27. abends wieder hier sein, damit ich vom 
28. an zur Disposition des Königs stehe. 
Am 27. Abends kam ich wieder nach München zurück und setzte den 
nunmehrigen Ministerialrat von Lutz, der an der Spitze des königlichen 
Privatkabinetts steht, von meiner Rückkehr in Kenntnis. Er kam den andern 
Vormittag den 28. zu mir. Hier erklärte er mir, der König habe die 
Absicht, mich zum Minister des königlichen Hauses und des Aeußern an 
Pfordtens Stelle zu ernennen. Von der Ernennung zum Minister- 
präsidenten sei auch die Rede gewesen, und er frage deshalb, ob bestimmte 
Zusicherungen durch den Grafen Holnstein gemacht worden seien. Ich 
erwiderte, daß dies allerdings der Fall gewesen sei, daß ich aber um so 
weniger Wert auf den Titel Ministerpräsident lege, als derselbe eine 
Solidarität des Ministeriums und eine Vertretung der Repräsentation
	        
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