9 Amtsvorsteher.
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privaten theils öffentlichen Vertrauensverhältnissen begangenen Delikten (del. propria)
als Einzelarten auszuscheiden: a) die im öffentlichen Staatsdienste verübten. Staats-
diener (öffentlicher Beamter) wäre dann nicht ein Jeder, welcher berufsmäßig irgend
welchem allgemeineren Staatszwecke dient, sondern lediglich Derjenige, dem ein
vom Staate anerkanntes Amt im unmittelbaren oder mittelbaren Staatsdienste
anvertraut ist und zwar unter selbständiger Verantwortlichkeit für die Amtsfüh-
rung; b) die in anderweitem öffentlichen Vertrauensverhältniß begangenen, von
Personen, die entweder als staatlich konzessionirte Diener des Publikums dauernd
fungiren (Rechtsanwalt, Notar, Arzt, Makler 2c.) oder zufolge Staatsbürgerpflicht
zu vorübergehender Funktion berufen sind (Geschworener, Schöffe, Sachverständiger,
Zeuge); c) die in besonderem privaten Vertrauensverhältniß verübten (Vormund,
Testamentsvollzieher, Schiedsrichter, Schiedsmann, Segquester 2c.). In der Kate-
gorie a wären dann, wie oben, zu unterscheiden eigentliche A. und uneigentliche,
bei letzteren die Beamtenqualität lediglich als Schärfungs- bzw. Zumessungsgrund
des gemeinen Verbrechens zu behandeln. Dagegen bieten die neueren deutschen
wie außerdeutschen Gesetzgebungen ein wenig klares Bild, indem sie in der ver-
schiedenartigsten Weise den Begriff des Beamten und des A. ausdehnen bezw. be-
schränken, für die Beamteneigenschaft bald die Funktion, bald die Anstellung ent-
scheidend sein lassen, und doch wiederum über jedes dieser Kennzeichen hinausgehen.
Nach Preuß. Praxis soll öffentlicher Beamter sein jeder dazu Berufene, als Organ
der Staatsregierung unter öffentlicher Autorität die Herbeiführung der Zwecke des
Staats zu ermöglichen; eine Definition, welche die Gesetzgebung nicht aufstellt.
Bielmehr bietet diese nur negative Merkmale: es komme für die Oualität des Be-
amten nicht darauf an, ob derselbe in unmittelbarem oder mittelbarem Staatsdienst
stehe, auf Lebenszeit oder nur zeitweise oder vorläufig angestellt sei, einen Dienst-
eid geleistet habe oder nicht. Als „Verbrechen und Vergehen im Amte“ werden
zusammengestellt: Bestechung, Rechtsbeugung, Mißbrauch der Amtsgewalt in mehr-
facher Richtung, Urkundenfälschung, Unterschlagung, Erpressung im Amte, Prävarikation,
Verleitung Untergebener und Konnivenz; welchen Fällen das Deutsche Straf GB. hin-
zufügt: ungesetzliche Trauung und Eheschließung, Amtsdelikte der Post= und Tele-
graphenbeamten. Es treten auf a) theils neben den Beamten, denen das Straf GB.
die Reichsbeamten und die Notare zugesellt, theils als solche: Geschworene, Schöffen,
Schiedsmann und Schiedsrichter, Geistliche und andere Religionsdiener, Notare,
Anwalt und Rechtsbeistand, endlich die bestechende Privatperson; b) als Verbrechen
und Vergehen im Amte uneigentliche und gemischte neben eigentlichen, ja für einige
der letzteren, so rechtswidrige Amtsertheilung, Verletzung der Amtsverschwiegenheit,
Infubordination, fehlt es an allgemeinen Strafbestimmungen; diese sind somit der
bloßen Disziplinargewalt zugewiesen. Wie Nichtbeamte, als Theilnehmer an Amts-
delikten, zu bestrafen seien, ist, da das D. Straf GB. (anders Preußen § 331) darüber
schweigt, und hier dessen § 50 Schwierigkeiten bereitet, eine (mindestens bei eigent-
lichen A.) bestrittene Frage.
Lit.: Heffter, Neues Arch. des Krim.R., XIII. N. F. 1853, S. 422 ff. — Dollmann im
T. Staats Wort. B., I. S. 219 ff. — Schüße Lehrb. d. D. StraffR., . 105 ff. — Meves in
Holtz. Handb. III. S. 913 ff. — C. p., a. 118 ss., 175 ss., 197 ss. — Preuß. Verf. U. Art. 97,
23. — A. Kab. Ordre v. 11. Aug. 1832. — Ges. v. 7. Mai 1851 u. 21. Juli 1852. — Preuß.
Strasch B. §§ 300 331, 98 ff., 104, 128, 142. — Deutsch. Stras## B., Abschn. 28, 8§ 31 ff.,
50. 59, 128 ff., 132, 1505, 174, 353a. — Oesterr. StrafGes. Entw. 1874, Hauptst. 26. — D.
Rerf. Art. 16. — N. Beamt.Ges. v. 31. März 1873. — Rö. §#§ 8, 128 ff.
Schütze.
Amtsvorsteher (Th. I. S. 909 ff.). Nach der Preuß. Kreis-Ordn. vom
13. Dezember 1872 werden in den Provinzen Ost= und Westpreußen, Branden-
burg, Pommern Schlesien und Sachsen die Kreise mit Ausschluß der Städte in
Amtsbezirke getheilt. Die Amtsbezirke bestehen demgemäß aus einer oder mehreren
Landgemeinden, oder aus einem oder mehreren Gutsbezirken, bezw. aus Land-