Ablehnung des Richters. 11
in welches weder ein peremtorisches Rekusationsrecht, wie ein solches auch be-
züglich der Richter öfter in Frage kam, noch ein demselben fast gleichkommendes
Recht der Partei, ihren subjektiven Verdacht, ohne dessen Gründe anzugeben, ledig-
lich durch einen Eid (Perhorreszenzeid) zu bekräftigen, Eingang gefunden hat.
Die A. im eigentlichen Sinne beruht also darauf, daß eine unbefangene richter-
liche Prüfung jenes Begehrens der Partei und des für dieselbe geltend gemachten
Grundes herbeigeführt werden muß.
Die Deutsche StrafßO. formulirt das A. RP. im § 24 so: „Ein Richter
kann sowol in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richter-
amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgniß der Be-
fangenheit abgelehnt werden“, letzteres dann, wenn „ein Grund vorliegt, welcher
geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen."“
Die Oesterr. Straf PO. (§ 72) spricht „von anderen Gründen“ (außer den die
Ausschließung bewirkenden), „welche geeignet sind, die volle Unbefangenheit desselben
in Zweifel zu setzen.“ Beide Gesetze schließen demnach vom Ablehnungsverfahren
diejenigen Einwendungen gegen die Person des Richters aus, welche nicht seine
Beziehung zu dieser bestimmten Sache berühren, sondern ihn überhaupt als zur
Ausübung des Richteramtes nicht geeignet erscheinen lassen; z. B. bei anderen Gelegen-
heiten gegen Personen, welche dieser Strafsache fremd sind, bewiesene aufbrausende
Heftigkeit, Parteilichkeit 20c. Für die Entfernung von Richtern, gegen welche solche
Einwendungen erhoben werden, muß eben, weil die Entscheidung nicht blos für
den einzelnen Prozeß Geltung haben kann, auf anderem als prozessualischem Wege
vorgesorgt werden. Aber selbst Bedenken gegen die intellektuelle Eignung des
Richters für diese besondere Aufgabe gehören nicht auf diesen Weg; er ist lediglich
geöffnet, um den Betheiligten die wichtigste moralische Eigenschaft des Richters, die
Unbefangenheit und die hierdurch bedingte unparteiische Erwägung und Entschei-
dung, zu sichern. Alles also, was diese Unbefangenheit wirklich zu beeinträchtigen
droht, kann durch A. geltend gemacht werden. Der Standpunkt bei der Ent-
scheidung, die allerdings auf gewissenhafter aber freier Würdigung der Umstände be-
ruhen muß, darf aber nicht so genommen werden, daß sie nach der Individualität
des Richters verschieden ausfiele; die Frage darf nie sein, ob Grund vorhanden ist,
anzunehmen, der Richter werde parteiisch oder befangen sein, und daher auch nicht
darum anders beantwortet werden, weil die bekannte Objektivität gerade dieses
Richters alle Zweifel ausschließen: die Frage muß vielmehr immer dahin gehen,
ob der Thatumstand geeignet sei, überhaupt irgend eines davon berührten Richters
Unbefangenheit zu beeinträchtigen, ob eine Versuchung, parteiisch zu sein vorhanden,
nicht, ob sie zu überwinden sei. Nur so gefaßt, verliert Frage und Entscheidung
das Verletzende für den abgelehnten Richter. — Bezeichnend ist für diesen Stand-
punkt, daß die Deutsche StrafP O. (§§ 30, 27 Abs. 3) den Fall der Selbstab-
lehnung des Richters noch besonders hervorhebt und zwar in doppelter Rich-
tung, daß im Falle einer von der Partei ausgehenden A. jede Entscheidung
entfällt, sobald der Abgelehnte selbst das A.sgesuch für gegründet hält und
daß andererseits ihm anheim gegeben ist, selbst von einem Verhältniß Anzeige zu
machen, welches seine A. rechtfertigen könnte. In letzterem Falle entscheidet das
Gericht gerade so wie über eine vom Abgelehnten bestrittene A. (Dazwischen liegt
nun aber der Fall, wo der Richter die von der Partei nicht angeregte A. für be-
gründet hält, — im Geiste des deutschen Gesetzes liegt es nun wol, daß auch hier
sein eigenes Ermessen entscheidet). — Außer dem Falle der Selbstablehnung muß
der A-sgrund glaubhaft gemacht werden, wofür der Eid nicht benutzt
werden kann (D. StrafPO. § 27). Es hängt dies nicht blos mit der Besei-
tigung des gemeinrechtlichen Perhorreszenzeides (als einer unmotivirten eidlichen
Betheuerung) zusammen, sondern mit der Unzuläsfigkeit irgend einer Beeidigung
des Beschuldigten, hat aber dann doch auch auf die Behandlung der Frage im