Ausländer. 195
Im Privatklageverfahren endlich sind für die Einleitung der Anklage
die Regeln des Civilverfahrens maßgebend (§ 419 d. StrafPO. und § 85 d. Ge-
richtskostenges.). Es hat deshalb der A. den Kostenvorschuß zu entrichten, widrigen-
falls eine Verfügung auf seine Anklage nicht ergeht. Er hat auch auf Verlangen
des Beschuldigten wegen der diesem voraussichtlich erwachsenden Kosten Sicherheit
zu leisten. Von diesen Verpflichtungen wird er unter denselben Bedingungen, wie
im Civilverfahren frei.
Tritt er nur als Nebenkläger auf, so trifft ihn die Verbindlichkeit zur Vor-
schußzahlung und Sicherheitsleistung nicht (§ 436 l. c.). Legt er aber selbständig
ein Rechtsmittel ein, so steht er dem Inländer darin gleich, daß er den gewöhn-
lichen Kostenvorschuß entrichten muß. Meves.
Ausländer (polizeilich). Schon das ältere Deutsche R. der historischen Zeit
sah den Fremden nicht als rechtlos an (Wilda). Allein da er zu den öffent-
lichen Lasten (Heeresfolge) nicht beitrug und an den politischen Rechten nicht Theil
nahm, blieben ihm alle diejenigen Rechte verschlossen, welche selbst wieder Wirkungen
politischer Art hatten, und in Verbindung hiermit bestand die Tendenz, ihn auch
sonst rechtlich zu beschränken, soweit es das öffentliche Interesse des Inlandes zu
erfordern schien. Der A. durfte keine Grundstücke erwerben, keine Lagerräume zu
Handelszwecken ermiethen (Hamburg 1654), konnte ausgewiesen werden. In ähn-
licher Weise hatte das Röm. R. der Augusteischen Zeit zwar die Fremden nicht
von Rom ausgeschlossen (praetor peregrinus), aber ihren Uebertritt über die Grenze
aus militärischen und kommerziellen Gründen mehrfach beschränkt (vgl. Mar-
quardt, Röm. Staatsverwaltung, I. 420). Das geltende Recht hält den Ge-
sichtspunkt fest, wobei für Deutschland festzuhalten ist, daß der Angehörige eines
jeden Bundesstaates in jedem anderen Bundesstaate als Inländer zu behandeln ist
(RVerf. Art. 3; für Oesterreich s. Gesetz v. 21. Dezbr. 1867 Nr. 4, R.G.Bl. S. 68):;
der A. wird vom Aufenthalte im Reichsgebiete grundsätzlich nicht ausgeschlossen,
er bedarf zum Eintritte in letzteres und zum Aufenthalte daselbst keiner vorgängigen
Erlaubniß und keines Reisepapieres, und hat sich nur, wie der Inländer, auf amt-
liches Erfordern über seine Person genügend auszuweisen (RPaßgesetz von 1867; für
Bayern Ges. v. 16. April 1868, Art. 50). Er kann gleich dem Inländer stehende
Gewerbe (RGewerbe-Ordn. § 1: „Jedermann“; dagegen Oesterreich § 10) sowie
Bergbau (s. d. Art. Bergrecht) betreiben und Erfindungspatente beanspruchen
(RPatentgesetz § 1; Vertretung auswärts Wohnender § 12). Selbstverständlich
ist er den allgemeinen Polizeigesetzen, welche nur wirksam durchgeführt werden
können, wenn ihnen alle Landeseinwohner nachleben, unterworfen (z. B. der Impf-
pflicht; für Rom vgl. das Sempronische Kreditgesetz v. 561 a. u. c., Livius 35, 7).
Dagegen hat er keinen Anspruch auf Zulassung zum Gewerbebetriebe im Umher-
ziehen, wiewol er zugelassen werden kann (RGewerbe-Ordn. § 57; Bestimmungen
des Reichskanzlers v. 7. März 1877, Centralbl. S. 142; Oesterr. Hausirpatent
v. 4. Septbr. 1852, § 3); vom Marktverkehre darf er im Retorsionswege aus-
geschlossen werden (durch den Bundesrath, RGewerbe-Ordn. § 64; Oesterr. Ge-
werbe-Ordn. § 64). Im Falle der Hülfsbedürftigkeit ist er (vorläufig vom Orts-
armenverbande; definitiv vom Bundesstaate, welchem letzterer angehört, Unter-
stützungsgesetz § 60) zu unterstützen, bis Transportfähigkeit vorliegt und Ausweisung
oder Ueberführung an den Heimathsstaat bewirkt wird. Er kann nicht nur gleich
dem Inländer ortsverwiesen (s. d. Art. Aufenthaltsbeschränkungen), son-
dern auch aus dem Staats= und bez. Reichsgebiete verwiesen oder ausgeliefert
werden, und zwar aus ersterem verwiesen nicht blos in denjenigen Fällen, wo das
Reichsstrafrecht den Landespolizeibehörden diese Befugniß ertheilt (bei Unterstellung
unter Polizeiaufsicht, § 39; bei Verurtheilung wegen gewerbsmäßigen Glückspiels,
§ 284; bei, bez. mehrmaliger, Verurtheilung nach § 361, 3—8 im Falle der
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