Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Aussonderung. 211 
Vollendet ist das Delikt mit der Vornahme der oben bezeichneten Hand- 
ungen. 
Hinsichtlich des Strafmaßes ist nach dem Strafe# B. in erster Linie der 
Umfang des für den Ausgesetzten oder Verlassenen etwa begründeten Nachtheils 
wichtig. In zweiter Linie der Charakter des zwischen dem Thäter und dem Aus- 
gesetzten bestehenden Verhältnisses (vgl. hier Frankreich und Belgien). Die „leib- 
lichen Eltern“ des Ausgesetzten nämlich (wozu auch der uneheliche Vater, dagegen 
nicht Großeltern und Pflegeeltern zu rechnen sind) werden, wenn sie die Thäter 
find, mit einer höheren Strafe belegt. Als Ausmessungsgrund ist insbesondere 
die Größe der für den Ausgesetzten bewußter Weise herbeigeführten Gefahr zu 
berücksichtigen. 
Gsgb. u. Lit.: RStraf GB. § 221. — Frankreich art. 349—353. — Belgien art. 354— 
360. — Zürich art. 136. — Hälschner, II. 123 ff. — Die Kommentare u. Lehrbücher. — 
Pezold, Strafrechtspraxis, Bd. I. 224—228; II. 297 ff. Merkel. 
Aussonderung im Konkurfe (o. Bar, Th. I. Suppl. S. 82) nennen die 
Deutsche und Oesterreichische KO. die Herausgabe einer dem Gemeinschuldner 
und folgeweise auch der Konkursmasse nicht gehörigen Sache aus dem Schuldnerver- 
mögen an ihren berechtigten Ansprecher. A.sberechtigte, im Gem. R. Separatisten 
ex jure dominü oder Vindikanten, sind alle Diejenigen, welche den betreffenden 
Gegenstand als den ihrigen in Anspruch nehmen können, unangesehen, ob sie dies 
mittels dinglicher oder mittels persönlicher Klage (actio ad exhibendum, commodati 
depositi etc.) thun. Welche Berechtigte dahin gehören, bestimmt sich nach dem 
Aktionen= und Landesrecht; auch der Eigenthümer eines zum Inkasso oder zur 
Sicherheit für künftige Forderungen an den Gemeinschuldner indossirten Wechsels 
kann vindiziren. Die Deutsche KO. fügt den A.Sberechtigten Verkäufer und Ein- 
kaufskommissionäre hinzu, welche, ausgenommen, daß der Konkursverwalter in das 
Rechtsverhältniß eintreten will, die A. der vom Gemeinschuldner nicht oder nicht ganz 
bezahlten Waaren beanspruchen können, wenn dieselben von einem anderen Orte 
abgesandt und zur Zeit der Konkurseröffnung noch nicht am Ablieferungsorte an- 
gekommen und in den Gewahrsam des Schuldners oder einer andern Person für ihn 
gelangt waren, und sie versagt der Ehefrau des Gemeinschuldners die A. der wäh- 
rend der Ehe erworbenen Gegenstände, wenn sie nicht beweist, daß dieselben nicht 
durch Mittel des Gemeinschuldners erworben find. Der Anspruch auf A., an 
dessen Stelle die Deutsche KO. im Falle einer Veräußerung der Sache (auch vor 
der Konkurseröffnung durch den Gemeinschuldner) den Anspruch auf die in der 
Masse befindliche Gegenleistung oder auf Klagencession substituirt, ist außerhalb des 
Konkurses gegen den Verwalter durchzufechten oder bei offenbarer Berechtigung des 
Klägers ohne Prozeß zu befriedigen, doch hat der Verwalter, wo es sich um einen 
Anspruch von mehr wie 300 Mark Werth handelt, die Genehmigung des Gläubiger- 
ausschusses einzuholen, auch den Gemeinschuldner vorher zu benachrichtigen, der die 
Anerkennung durchs Gericht untersagen lassen kann. — Die Oesterreichische KO. 
verweist wegen der Berechtigten auf das bestehende Recht, anerkennt jedoch den 
Anspruch auf die Gegenleistung im Veräußerungsfall, die der Berechtigte nach 
seinem Belieben auch von dem Empfänger ohne Cession der Klage einfordern kann. 
Dagegen kann die Konkursmasse die von ihr oder vom Gemeinschuldner für die 
Sache oder Gegenleistung gemachten Auslagen immer ersetzt verlangen. 
Quellen: Deutsche KO. §§ 1, 9, 35 ff., 121, 123; Mot. S. 45 ff., 154 ff., 187 ff. — 
Oesterr. KO., §§ 26, 27. , · 
Lit.: Schweppe, Konk. der Gläubiger, §§ 43 ff. — Fuchs, Deutscher Konk.-Prz., 
§ 11. — Dernburg, Preuß. Priv. R., Th. II. § 117. — Komment. z. Deutschen KO. von 
Hullmann, ilmowski, Wengler. — Sarwey bei Goldschmidt, Beitschr. f. 
v. 
Handels-R., Bd. 23, S. 417 ff. ieding. 
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