Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Beihülfe. 259 
Dagegen besteht nach dem StrafGB. 8 138 eine Verpflichtung der Geistlichen, 
gemeingefährliche Verbrechen zur Anzeige zu bringen, wenn durch dieselbe ein solches 
noch verhütet werden kann, und es tritt Gefängnißstrafe bei unterlassener Anzeige 
ein, wenn das Verbrechen oder ein strafbarer Versuch begangen worden ist. 
Lit.: Gründler, Ueber die Unverletzlichkeit des Beichtsiegels in Weiß, Arch. für die 
Kirchenrechtswissenschaft, 4, 51 ff. — Knopp, Der kathol. Seelsorger als Zeuge vor Gericht, 
Regensb. 1849. — Moser, Allg. Kirchenblatt für das evangel. Deutschland, Jahrg. 1859, 
S. 430. P. Hinschius. 
Beihülfe (Th. I. S. 722). Gehülfe, Helfer, Beiständer heißt im Strafrecht 
Derjenige, welcher absichtlich die Begehung eines Verbrechens fördert. Die 
Grenzlinie zwischen Urheberschaft und B. ist indeß eine höchst bestrittene. Nach 
der einen Anschauung kommt es darauf an, ob der Theilnehmer an einem Ver- 
brechen dieses als sein „eigenes“ ansieht, es in seinem Interesse hervorzubringen 
sucht, oder ob er es als „fremde“ Angelegenheit betreibt, in fremdem Interesse 
thätig wird; nur in dem letzteren Fall sei er Gehülfe (so Wächter, Bauer, 
Köstlin, Krug, v. Buri, Geib u. A.; auch das Sächs. Straf GB.). Die ent- 
gegengesetzte Anschauung legt mehr Gewicht auf die objektive Seite der Thätigkeit. 
Gehülfe ist nach ihr also Derjenige, welcher nur in untergeordneter, unterstützender 
Weise thätig wird, gleichviel ob er dabei ein eigenes Interesse verfolgt oder nicht 
(so Roßhirt, Abegg, Marezoll, Luden, Temme, im Wesentlichen auch 
Berner,; desgleichen die meisten Strafgesetzgebungen, insbesondere auch das Deutsche 
Straf GB.). Die letztere Anschauung entspricht dem Begriff des Verbrechens, welches 
nicht blos eine subjektive (Willens-), sondern auch eine objektive (That-) Seite hat. 
— Haupteintheilungen der B.: 1) Die wesentliche B., „ohne welche die That 
nicht begangen werden konnte“, scheidet man von der unwesentlichen. Das Preuß. 
Straf GB. nennt die erstere „wesentliche Theilnahme“. (Man gebraucht auch die 
Ausdrücke: Hauptgehülfe, Nebengehülfe.) Die Unterscheidung ist willkürlich und 
nicht durchführbar. 2) Positive und negative B. Unter der letzteren versteht man 
oft fälschlich die bloße absichtliche Nichthinderung eines Verbrechens, welche gar keine 
B. ist; nennt man dagegen wirkliche Förderung durch Hinwegräumen der Hinder- 
nisse 2c. negative B., so ist dies zwar nicht unrichtig, aber eine höchst überflüssige 
Eintheilung. 3) Intellektuelle, psychische B. und physische Hülfe, Hülfe durch 
Rath oder That. Unter die erstere, welche absichtliche Förderung der That durch 
geistige Einwirkung ist, kann man auch die Anstiftung zur B., d. h. also die Ver- 
leitung zu einer fördernden Thätigkeit, stellen, sofern sie nicht vom Thäter selbst 
ausgeht. — So ziemlich einig ist man darüber, daß die B. einen accessorischen 
Charakter habe, daß also der Satz gelte: Ohne Urheber (Thäter) auch keine Ge- 
hülfen. Gleichwol wird oft (z. B. von Bauer, v. Buri und Köstlin) mit Un- 
recht behauptet, die B. sei strafbar, wenn der Thäter auch noch nicht bis zum 
Versuch vorgeschritten ist. Ebenso verkennt man den Charakter der B., wenn man 
sie zu einem selbständigen Verbrechen stempelt und daher behauptet, es gebe auch 
einen Versuch der B., wie dies unter Anderen Berner, Hälschner, Krug, 
v. Buri, Häberlin, Geib, Schütze thun, während die Möglichkeit eines solchen 
strafbaren Versuchs Heffter, Temme, Köstlin, v. Bar, Langenbeck u. A. 
mit Recht in Abrede stellen, womit auch das RStraf GB. übereinstimmt. — Fast 
einstimmig wird von den neueren Schriftstellern die alte und wohlbegründete An- 
schauung festgehalten, daß der Gehülfe minder strafbar sei, als der Urheber (an- 
derer Meinung ist z. B. Dollmann); mehrere Schriftsteller aber unterscheiden 
dabei zwischen Haupt= und Nebengehülfen (s. oben) und fordern für jenen dieselbe 
Strafe wie für den Urheber so Breidenbach, Goltdammer, auch das Sächs. 
und Preuß. StrafGB.). Das Franz. R. (C. p. a. 59) erklärt alle Theilnehmer 
(Urheber und Gehülfen) für gleich strafbar; und dieses schon im älteren Oesterr. R. 
ebenfalls aufgestellte Prinzip findet sich leider, allerdings mit gewissen Ab— 
17“ 
 
	        
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