Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

24 Abschriftsertheilung. 
Abschriftsertheilung. Im Allgemeinen liegt jeder Behörde, welche mit 
der Verwaltung und Verwahrung ihr nicht gehöriger Urkunden betraut ist, die 
Verpflichtung ob, durch Ertheilung von Abschriften den Inhalt dieser Urkunden 
Denjenigen dienstbar zu machen, welche ein rechtliches Interesse an denselben haben. 
Insbesondere find die Gerichte verbunden, aus den bei ihnen in Verwahrung be- 
findlichen Akten Abschriften zu ertheilen, eine Verbindlichkeit, die bald von Amts- 
wegen bald nur auf Antrag zu erfüllen ist. Die Abschrift kann sein entweder eine 
einfache, oder eine beglaubigte, oder endlich eine in der Form einer Ausfertigung, 
also eine qualifizirte. Beglaubigte unterscheiden sich von den einfachen dadurch, 
daß ihnen durch den Beglaubigungsvermerk die öffentliche Bescheinigung ihrer 
Uebereinstimmung mit der Urschrift beigefügt wird. Die Beglaubigung hat durch 
den Gerichtsschreiber zu erfolgen und kann bei Zustellungen auch durch den Ge- 
richtsvollzieher geschehen. In Betreff der Form der gqualifizirten Abschriften (Aus- 
fertigungen) ist die streitige und die nicht streitige Gerichtsbarkeit zu unterscheiden. 
Bei der letzteren greifen die Vorschriften der Landesrechte Platz, die übrigens auch 
bei allen denjenigen Verfahrensarten Anwendung finden, welche den Vorschriften 
der Reichsgesetze nicht unterstehen, wie z. B. bei dem Disziplinarverfahren. Bei der 
streitigen Gerichtsbarkeit dagegen bestimmen die Reichsgesetze und zwar sowol für das 
Civil= wie für das Strafverfahren, daß die Ausfertigung in einer von dem Ge- 
richtsschreiber zu unterzeichnenden und mit dem Gerichtssiegel zu versehenden Ab- 
schrift der betreffenden Urkunde zu bestehen hat (§ 288 CPO. u. § 275 StrafPO.). 
Berechtigt zur Forderung sowie zur Empfangnahme einer Abschrift ist nur 
Derjenige, welcher ein rechtliches Interesse an dem Inhalt der Urkunde hat und 
es nachweist. Es steht nicht jedem Dritten frei, die Ertheilung einer Abschrift aus den 
Akten zu verlangen. Eine Ausnahme macht die Preuß. Grundbuchordnung, welche zwar 
im § 120 nur den eingetragenen Eigenthümer ermächtigt, eine Abschrift des 
Grundbuchblattes zu verlangen, dennoch aber den öffentlichen Behörden und den 
von diesen beauftragten Beamten das Recht zubilligt, Abschriften aus den Grund- 
büchern und Grundakten sich ertheilen zu lassen, und zwar ohne den Nachweis 
eines rechtlichen Interesses führen zu müssen. Im Civilverfahren sind außer 
den Parteien Dritte nicht berechtigt, Abschriften aus den Akten zu fordern und zu 
erhalten, selbst wenn sie ein rechtliches Interesse nachzuweisen in der Lage sind 
(* 271 Straf P.), ein Satz, der von Hellmann vertheidigt, von Struckmann und Koch 
dagegen angefochten wird. Daß sie mit ausdrücklicher Genehmigung der Parteien 
die Ertheilung einer Abschrift mit Erfolg beantragen können, ist zwar nicht aus- 
drücklich vorgeschrieben, folgt jedoch aus dem Rechte der Parteien, denen es frei- 
stehen würde, die von dem Dritten gewünschte Abschrift sich selbst ertheilen zu 
lassen und sie demnächst jenem auszuhändigen. Dieselben Grundsätze sind auch im 
Strafverfahren maßgebend. Nur die von den Entscheidungen betroffenen Personen 
sollen das Recht haben, sich eine Abschrift dieser Entscheidung ertheilen zu lassen 
(5 35 StrafP O.), eine Vorschrift, die nicht ausschließt, daß auch Dritte mit aus- 
drücklicher Bewilligung des Berechtigten den Antrag auf A. stellen können. 
Die Pflicht der Gerichte, von den in den Akten befindlichen Schriftstücken von 
Amtswegen Abschriften zu ertheilen, tritt mehr oder weniger in den Hinter- 
grund, je mehr der Betrieb der Rechtsangelegenheit in die Hände der Betheiligten 
gelegt ist, je mehr es also deren Interesse entspricht, sich die für die Fortführung 
der Sache nöthige Kenntniß selbst zu beschaffen. Es kennt deshalb die CPO., nach 
deren Prinzipien es Sache der Partei ist, für die Förderung des Rechtsstreites zu 
sorgen, nur die eine Vorschrift des § 294, daß nicht verkündete Beschlüsse des Ge- 
richts und nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten 
oder ersuchten Richters den Parteien von Amtswegen zuzustellen sind. Häufiger tritt 
jene Pflicht im Konkursverfahren ein, in welchem der Betrieb der Angelegenheit schon
	        
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