Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Bergrecht. 289 
kann die Muthung eingelegt (Oesterrreich: das Verleihgesuch gestellt) werden. Ueber 
die Erfordernisse derselben s. d. Art. Muthung, über die in Betracht zu ziehen- 
den Vorzugsrechte gewisser Muther f. d. Art. Finderrecht. Die Verleihung 
des Bergbaurechts erfolgt mittels besonderer Urkunde und (außer in Sachsen) nach 
vorgängigem Termine (Freifahrung) für ein bestimmtes Grubenfeld (s. diesen Art.), 
ähnlich die Ertheilung der Konzession in Frankreich (Konkurrenzgesuche — Oppo- 
fitionen). Ueber die Natur und die Erlöschung des durch die Verleihung begrün- 
deten Bergbaurechts s. d. Art. Bergwerkseigenthum. Eine amtliche Ver- 
messung und Verlochsteinung des verliehenen Grubenfeldes muß in Oesterreich binnen 
einem Jahre nach erfolgter Verleihung stattfinden; in Deutschland kann sie von jedem 
Bergwerksbesitzer verlangt werden; in Frankreich pflegt die Feldvermessung zu den 
Konzessionsbedingungen zu gehören. Die Verleihung von Erbstollenrechten (s. d. Art. 
Erbstollen), Seifenfeldern (zur Gewinnung von Minerallagern im aufge- 
schwemmten Gebirge mittels Grabenführung), Halden und Wäschschlämmen findet 
nach Preuß. R. nicht mehr statt; im Königr. Sachsen können dagegen Erbstollen- 
rechte zum Fortbetriebe verstufter Erbstollen, Seifenfelder und verlassene Halden 
sowie Wäschschlämme im unverliehenen Felde noch besonders verliehen werden; 
Oesterreich § 41 ff. unterscheidet Verleihungen auf Grubenmaße, Ueberscharen und 
Tagmaße (s. d. Art. Grubenfeld), sowie Konzessionen auf Hülfsbaue (s. diesen 
Art.) und Revierstollen (s. d. Art. Erbstollen). Auch in den noch bestehenden. 
Privatregalbezirken gelten die gesetzlichen Normen über die Verleihung des Berg- 
baurechts (Preußen § 250). Strafrechtlicher Schutz: Preuß. Gesetz vom 26. Mai 
1856 und für dem Grundeigenthümer gehörige Mineralien RöStraf GB. 5 370, 2. 
II. Das Bergbaurecht kann einer einzelnen natürlichen oder juristischen Person 
zustehen. Auch Ausländern ist sein Erwerb regelmäßig gestattet (Frankreich Art. 13, 
Königr. Sachsen 1868, § 7; Preußen § 3; anders in Schweden: Zeitschr. für 
Bergrecht Bd. 19. S. 198), hingegen nicht oder nur beschränkt den Bergbeamten des 
Staates innerhalb ihres Bezirkes (Preußen § 195; Oesterreich I 8, Vollzugsvor- 
schriften §8 5, 6; keine Norm im Königr. Sachsen und Frankreich). Der Erwerb und 
Betrieb von Bergwerken für Rechnung des Staates ist den allgemeinen berggesetzlichen 
Vorschriften ebenfalls unterworfen (Preußen § 2; Königr. Sachsen § 6; Oesterreich 
§ 12). Der Bergbau ist kein Handelsgewerbe (Thöl, Handelsrecht, Th. I. S. 111 d. 
6. Aufl.), daher der Bergwerkseigenthümer als solcher nicht Kaufmann. Doch gelten 
in Deutschland Aktien= und Kommanditaktiengesellschaften auch dann als Handels- 
gesellschaften (Kaufleute), wenn der Gegenstand ihres Unternehmens nicht in Handels- 
geschäften besteht (RGesetz vom 11. Juni 1870, § 1, Art. 5, 174, 208); korrekter 
Art. 136 des Belgischen Gesetzes vom 18. Mai 1873: Les sociétés dont l’objet. 
est I’exploitation des mines, peuvent sans perdre leur caractere civil emprunter 
les formes des scociétés commerciales. Während nun das Französische und Eng- 
lische R. für die Bergwerksgesellschaften nur die gewöhnlichen, wenig modifizirten 
(Frankreich Art. 8) Formen des Civil= bzw. Handelsrechts (socikté en nom 
collectif, partnership — société anonyme, company) kennt, hat sich in Deutschland 
eine besondere Form für dieselben in der Gewerkschaft entwickelt. Ursprünglich 
hervorgegangen aus dem Miteigenthumsverhältnisse mehrerer, ein Bergwerk nicht 
nur gemeinsam besitzender, sondern auch betreibender „Gewerken“ (d. i. Bergleute), 
erfuhr dieselbe, nachdem die Bergwerke mehr und mehr in die Hände von Kapi- 
talisten übergingen und die Zahl der Grubentheile stetig zunahm (4 Schichten, 
8 halbe Schichten, 32° Stämme, 128 Kuxe mit vielfach unbegrenzter Theilbarkeit), 
mehrfache Modifikationen, welche dieselbe der Korporationsverfassung näherten (ein 
ähnliches Rechtsinstitut enthält das heutige Seerecht in der sog. Mitrhederei, HGB. 
Art. 456 ff.): besondere Vertretung unter spezieller bergamtlicher Leitung, Zulässig- 
keit von Mehrheitsbeschlüssen, Ausschließung von Theilungsanträgen während des 
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon I. 3. Aufl. 19
	        
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