Beweis. 353
d. h. die dem Richter nicht mehr mögliche finnliche Wahrnehmung ersetzen soll
Auch das außergerichtliche Geständniß und die Vermuthungen sind keine
B. mittel (so wenig als das gerichtliche Geständniß und die Notorietät).
Es giebt demnach blos drei Beweismittel: Zeugen, Urkunden und Eid
(s. unten IV. A.).
Quellen: Tit. Dig. (22, 3); Tit. Cod. (4, 19); Tit. XN. (2, 19); Tit. Clem. (2. 7).
Lit.: Schneider, Lehre vom B. in bürgerl. Nechteiichen . ¾r Sid Abbondl.
S. 49 ff. — Fitting, Ueber den Begriff von Haupt= u. Gegen-B., § 4 ff. (1853). — Ende-
mann, Die Blehre des Civilproz. (1860). — Langenbeck, Die B.führung in bürgerl.
Bechestreitigieiten 185 42 Ba Uin der Krit. V.J.Schr., Bd. 14. — Heusler im
Archiv für civ. Praxis, 62 S. . .—v.C«t"·d itschr.
für deutschen Civilprozeß, Bd. I. S. 257 ff. 1 anstein in der Zeitschr. von Busch
II. Gegenstand des Beweises. B. kann blos verlangt werden über that-
sächliche und relevante Behauptungen, welche noch ungewiß find, von deren
Wahrheit also der Richter noch nicht überzeugt ist. Kein Beweis kann daher
gefordert werden:
1. Ueber Rechtssätze, deren Dasein dem Richter ohnehin bekannt sein
muß (jura novit curia), deren Auslegung und Anwendung auf konkrete
Fälle aber die eigentliche Funktion des Richters bildet. Wenn es jedoch:
à) Ausländische Gesetze sind, von deren Promulgation der Richter keine
offizielle Kenntniß besitzt, zu deren Erforschung er auch keine spezielle Amtspflicht
hat, so kann über ihre Existenz (die ja etwas rein faktisches ist) allerdings ein B.
von derjenigen Partei verlangt werden, die sich darauf beruft, vgl. CPO. § 265.
Bayer, S. 360, Nr. 2. Desgleichen kann B. verlangt werden:
b) Ueber Partikulargesetze eines andern Deutschen Staates, die nicht all-
gemein zugänglich sind,
Jc) Ueber Lokalstatuten, die nicht im Bezirk des Prozeßgerichts gelten,
d) Ueber Gewohnheiten, die nicht aufgezeichnet sind.
e) Ueber Privilegien und Statutarrechte, die nicht öffentlich bekannt
gemacht wurden.
Kein B. kann sodann verlangt werden:
2. Ueber irrelevante Fakta, d. h. über solche Thatsachen, welche in ab-
stracto oder in concreto auf die Entscheidung des Streits ohne Einfluß sind. In
abstracto irrelevant ist eine Thatsache, die nicht zur Begründung der Klage oder
Einrede gehört. In concreto irrelevant ist der B. der Klage, wenn ihm eine ein-
gestandene Einrede gegenübersteht.
Kein B. kann endlich verlangt werden:
3. Ueber die Wahrheit solcher thatsächlichen Behauptungen, welche bereits voll-
kommen liquid sind, sei es durch B führung oder durch gerichtliches Geständniß
(5 261), oder Notorietät (§ 264), oder Rechtsvermuthungen (EG. zur CPO.#.
§ 16, Nr. 1). Ist eine solche Thatfache bewiesen, oder spricht hierfür eine
gewöhnliche Rechtsvermuthung, so kann über deren Unwahrheit vom
Gegner, der sie bestritten, allerdings ein B. verlangt werden. Ist fie aber gericht-
lich eingestanden, oder durch Augenschein dargethan, oder spricht hierfür eine
praesumtio juris et de jure, so kann auch deren Unwahrheit kein Gegen-
stand des B. sein, weil sie unbestritten, resp. unbestreitbar ist. (Gegen Augenschein,
gerichtliches Geständniß und praesumtio juris et de jure giebt es keinen Gegen-B.)
Quellen: Fr. 5 pr. D. (22, 3); Fr. 3 § 6 D. (22, 5); C. 1 in 6to (1, 2). — Deutsche
CPO. §§ 265, 261, 264; EG. § 16 Nr. 1.
Lit.: Bayer, S. 681 ff. — Österloh, I. § 138. — Wetzell, §§8 20, 70, 31. —
Renaud, § 98. — Endemann, § 179. — Weber, Verbindl. zur B.führung. — Planck,
Bl urtheil, S. 254 ff. — Th. Rizi, Ueber die Verb. zur Bfführung. — Langenbeck. Die
B. führung in bürgerl. Rechtsstreit., I. S. 43 u. 228. — Endemann, Die Blehre d. Civilproz.,
S. 38. — Kommentare zu den §§ 261, 264 u. 265 der CPO.
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon I. 3. Aufl. 23