356 Beweis.
wahrer Haupt-B., denn er wird im gemeinen Prozeßrecht, wie der Klage-B., im
Interlokut aufgelegt und seinem Thema nach bestimmt, ist daher innerhalb der
B.frist anzutreten, kann durch Eidesdelation geführt und durch Gegen-B. ent-
kräftet werden, — was sich Alles beim direkten Gegen-B. anders verhält. Und
auch im neuen Prozeß, wo das Bl l urtheil wegfällt, zeigt sich der Unterschied
zwischen dem indirekten und direkten Gegen-B. in der Zulässigkeit der Eides-
delation und Antireprobation. Der indirekte Gegen-B. hat mit dem direkten
blos das gemein, daß er einem Haupt-B. (Klage-B.) gegenübersteht, nur eventuell
nothwendig ist (d. h. nur dann, wenn der Haupt--B. gelingt) und die Lossprechung
von der Klage bezweckt. In allen anderen Beziehungen harmonirt er vollständig
mit dem Haupt-B. Aus diesen Gründen nun hat die neuere Doktrin den Einrede-
B. vom Gebiet des Gegen--B. völlig ausgeschieden. Sie definirt den Haupt-B.
nicht im formalen, sondern im materiellen oder metaphysischen Sinn, und
versteht unter Haupt-B. den B. des historischen Grundes eines selbständigen An-
griffs, oder Gegenangriffs, also der Klage oder Einrede, unter Gegen-B. den
B. ihrer Unwahrheit korrekter: den B., wodurch entweder das Zustandekommen
des Haupt-B., oder seine Wirksamkeit verhindert werden soll. Die neuere
Doktrin kennt daher blos den direkten Gegen-B., nicht den indirekten, nimmt
aber zwei Arten des Haupt-B. an, den absolut nothwendigen Haupt-B.
und den eventuell nothwendigen (den indirekten Gegen-B. der älteren
Doktrin).
Indessen hat auch die Definition der neueren Schule ihre Schattenseite,
dann nämlich, wenn der Klage oder Einrede widersprochen wurde, diese aber bereits
durch eine wirksame Rechtsvermuthung liquid ist. Hier hat der Gegen-B. (näm-
lich der B. der Unwahrheit der Klage oder Einrede) alle prozessualen Eigenschaften
des Haupt-B. (nach der Definition der älteren Doktrin ist er auch wirklich
ein Haupt-B.). Denn er ist einmal absolut nothwendig. Der Reprobant kann
sich sodann der Eidesdelation bedienen. Vgl. Ec. zur CPO. 8§ 16, Nr. 1, Abs.2.
Endlich ist dagegen eine Antireprobation zulässig. Aber auch der Begriff
des Gegen-B., der nothwendig einen Haupt-B. voraussetzt, paßt nicht auf die
Reprobation gegen die durch eine Rechtsvermuthung liquide Klage oder Einrede.
Allerdings wird hierdurch die Unwahrheit der Klage dargethan. Allein die Wirk-
samkeit des Haupt-B. wird nicht gehindert. Denn die Berufung des Klägers
auf die bereits wirksame Rechtsvermuthung ist gar kein B., letzterer ist vielmehr
(wie das gerichtliche Geständniß des Gegners) ein Befreiungsgrund vom B. Ist
nun krin Gegen-B. da, gegen welchen der B. der Negation gerichtet wird, so
kann letzterer kein Gegen-B., sondern muß selbst der Haupt-B. sein. Wenn so-
dann der Kläger die Wahrheit der Klage beweist, so ist das ein Gegen-B. und
hat alle Eigenschaften des Gegen-B., während es nach der neueren Doktrin ein
Haupt-B ist.
Die neuere Doktrin verfällt also mit ihrer materiellen Begriffsbestimmung
hier in einen ähnlichen Fehler, wie die ältere Doktrin mit ihrem indirekten
Gegen-B. Darf der letztere kein Gegen-B. genannt werden, obgleich er einem
Haupt-B. gegenübersteht und nur eventuell nothwendig ist, so erscheint der B.
des Widerspruchs einer durch eine Rechtsvermuthung liquiden Klage noch weniger
als Gegen-B., weil er keinen Haupt-B. vor sich hat und demnach nicht
absolut nothwendig ist.
Ich möchte daher eine andere Definition von Haupt-B. vorschlagen, welche
die Nachtheile der älteren, wie der neueren Doktrin vermeidet, ihre beiderseitigen
Vorzüge vereinigt und im alten, wie im neuen Prozeß ihre Berechtigung hat,
Diese Begriffsbestimmung ist sormeller Art (wie jene der älteren Doktrin)
und geht im alten Prozeß vom B.interlokut, im neuen Prozeß von der Blast
aus. Danach ist nach Gemeinem R. unter Haupt-B. der im Irnterlokut fest-