Branntweinsteuer. 415
Besteuerung für mehlige Stoffe, welche nur den Maischraum trifft, besteht in den
alten Preußischen Provinzen seit 1820, in den neueren Provinzen und in den übrigen
Staaten seit 1868. Obgleich diese Besteuerungsart mit ihren Kontrollen seit längerer
Zeit von verschiedenen Seiten als lästig für den Steuerpflichtigen und irrationell
für das Staatsärar bekämpft wurde, ist es doch bis jetzt nicht gelungen, etwas
Besseres an die Stelle zu setzen, da insbesondere für die in Vorschlag gebrachte
und auch in einigen außerdeutschen Ländern eingeführte Fabrikatsteuer wegen
Mangels eines sicheren Kontrollapparates keine genügende Sicherheit gegen Unter-
schleife seitens der Steuerpflichtigen besteht. Gegen die Maischraumsteuer wird ins-
besondere geltend gemacht, daß sie trotz aller Kontrollen, die für den Brenner sehr
lästig find, dennoch Defraudationen möglich mache, doch gerade mitten im wesent-
lichsten und innersten Betriebe (der Einmaischung) die Steuerpflicht beginne, und
die strengsten Kontrollen bei der Hefenbereitung, für die Gährbottiche und Destillir-
apparate nothwendig seien, daß sie insofern ungleich wirke, als sie den mit weniger
guten Apparaten arbeitenden Brenner, der eine geringere Spiritusausbeute erzielt,
höher besteuere, als den mit verbesserten Apparaten arbeitenden, da nur die Menge
der Maische, nicht der gewonnene Spiritus versteuert werde und daß sie endlich die
Verwendung landwirthschaftlicher Rohprodukte deshalb beschränke, weil alle bei der
Einmaischung ein größeres Volumen einnehmenden Stoffe verhältnißmäßig zu hoch
gegenüber den ein geringeres Volumen einnehmenden besteuert seien. Gegen die
Höhe der Steuer, welche bei landwirthschaftlichen Brennereien für 22 9/10 Liter
Maischraum 25 Pf. und bei den übrigen Brennereien 30 Pf. beträgt, wird eigent-
lich nicht geklagt, wohl aber wurde bei jeder Gelegenheit die Erhöhung derselben
bekämpft. Andererseits werden jedoch als Vortheile der Raumbesteuerung hervor-
gehoben, daß durch die möglichste Ausnutzung des Maischraumes eine Verbesserung
der Brennapparate veranlaßt worden sei, wodurch diese Industrie einen großen
Aufschwung genommen habe, daß ferner diese Art der Besteuerung die einfachste
sei und dem Brenner die wenigsten Kontrollen auferlege.
Wenn auch zuzugeben ist, daß die Besteuerung des fertigen Branntweins die
richtigste Besteuerungsart wäre, so zeigen doch die bisherigen Erfahrungen, daß dieselbe
wegen des Mangels vollständig sicherer Kontrollapparate bis jetzt nur in einem
Staate (Schweden) allein und in den übrigen 50, insbesondere in Bayern vom
1. Juli 1880, nur mit anderen Besteuerungsarten vereint eingeführt ist, somit die
Bedenken gegen dieselbe noch nirgends vollständig überwunden sind.
Quellen: Englische Parlamentsakte v. 28. Aug. 1860. — Russische Verordnung v.
1. Jan. 1863. — Oesterr. Gesetz v. 18. Oktbr. 1865. — Italienische Gesetze v. 3. Juli 1864,
v. 14. Aug. 1870; Königl. Dekret v. 25. Sept. 1870. — Belgische kgl. Verordnung v. 8. Aug.
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Verordnung v. 18. Aug. 1871. — Französische Gesetze v. 28. April 1816, 24. Juni 1824,
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1880 betr. den Branntweinaufschlag. Z
Lit.: Förster, Praktische Anleitung zur Kenntniß der Gesetzgebung der Besteuerung des
Branntweins u. Braumalzes in den Preuß. Staaten, 1830. — Dittmar, Die preußische
Branntweinsteuer, 1865. — Gläser, Die Steuersysteme der Branntweinsteuer, 1867. —
Janke, Die direkte Besteuerung des Spiritus, 1862. — Ziegler, Die direkte Besteuerung
des Spiritus, 1863. — v. Salviati, Die Fabrikatsteuerfrage bei der Spiritus= u. Zucker-
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Jörgensen, Alkoholmeßapparate von Siemens & Halske, 1872. — Dr. Fischer, Pral—
tische Alkoholometrie, 1872. — W. Thiele, Han- u. Hülfsbuch der steuerpflichtigen Ge-
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1872, S. 581. — Fr. v. Aufseß, Die Zölle und Verbrauchssteuern des Deutschen Reiches,
1873, S. 92. — Dr. Engel, Branntweinbrennerei, 1853. — May, Das Bayerische Gesetz
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