Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

420 Brieferbrechung. 
ein Recht auf Vorlegung des B. nur nach Maßgabe der Rechtssätze des Civil- 
prozesses über gemeinschaftliche Urkunden; die frühere Streitfrage (Seuffert, 
Arch., XIII. Nr. 291, XX. Nr. 84, XXIX. Nr. 85), ob der B. gemeinschaftliche 
Urkunde nur dann sei, wenn er zu dem Zweck geschrieben ist, ein Beweismittel für 
das Rechtsverhältniß der Parteien zu schaffen, ist verneinend entschieden durch die 
RCPO. § 387. Ist ein Mahn-B. eine gemeinschaftliche Urkunde? wol mit Recht 
verneint bei Seuffert, Arch., XIII. 291. — III. Recht an dem B. als Geistes- 
produkt: sogenanntes literarisches Eigenthum. Soweit an einem B. ein Autorrecht 
vorhanden, geht es nicht mit dem Eigenthum des B. als körperliche Sache auf 
den Empfänger über; anderer Ansicht Goltdammer in seinem Arch. f. Preuß. 
Straf R., Bd. IX. S. 539 ff.; allein der Eigenthümer eines B. (als körperliche 
Sache) wird zu seiner Verbreitung im Weg mechanischer Vervielfältigung so wenig 
befugt, wie der Käufer eines Buchs zu dessen Wiederabdruck; das Autorrecht an 
dem zurückbehaltenen Konzept stünde doch immer noch dem Schreiber zu. — In- 
wieweit ist aber überhaupt an den B. ein Autorrecht möglich, oder (in der Sprache 
des Reichsges. v. 11. Juni 1870, betr. das Urheberrecht von Schriftwerken 2c.) in- 
wiefern sind B. als Schriftwerke anzusehen? Antwort: Der B. muß ein Geistes- 
produkt sein, welches dem literarischen Verkehr anzugehören fähig ist, welches — 
sofern das Autorrecht wesentlich ein Vermögensrecht ist — einen literarischen 
Marktwerth hat oder haben kann. Unerheblich ist, ob der B. für den literarischen 
Verkehr bestimmt war oder nicht: auch wenn er nicht dafür bestimmt war, ist 
er doch Gegenstand des Autorrechts, sofern er als Geisteswerk dem literarischen 
Verkehr anzugehören fähig ist; mangelt ihm diese Fähigkeit, so wird er auch da- 
durch nicht Gegenstand des Autorrechts, daß der Verfasser seine Veröffentlichung 
verbietet oder sich vorbehält: ein Zuwiderhandeln gegen ein solches Verbot kann 
eine Indiskretion sein, ist aber kein Nachdruck. — Die entscheidende Fähigkeit kann 
eine latente sein, erst längere Zeit nach Abfassung des B., erst unter bestimmten 
Verhältnissen an den Tag treten, insbesondere erst durch Einverleibung sei es in 
eine Sammlung von B. eines Verfassers oder in einen B. wechsel: die B.samm- 
lung oder der B. wechsel können Gegenstand eines selbständigen Autorrechts sein; 
daraus folgt aber noch nicht, daß der Veranstalter der Sammlung, der Heraus- 
geber des B. wechsels, das Autorrecht an den einzelnen B. erwirbt: ist die Schutz- 
frist gegen Nachdruck für den einzelnen B. noch nicht abgelaufen, so bedarf der 
Sammler oder Herausgeber der Ermächtigung des Verfassers oder seiner Erben; ist 
sie abgelaufen, so kann auch jeder Dritte den einzelnen B. zum Abdruck bringen. 
— Ob der einzelne B. ein gesetzlich geschütztes Schriftwerk sei, ist nach den Um- 
ständen des Falls zu beurtheilen; es kann hier eine Verletzung des Autorrechts zu 
bejahen —, dagegen ein strafbarer Nachdruck wegen mangelnden Verschuldens zu 
verneinen sein, insbesondere wenn der B. nicht für den literarischen Verkehr be- 
stimmt war. — Eine Editionspflicht des B.inhabers wird durch ein etwaiges 
Autorrecht des Verfassers oder seiner Erben nicht begründet. 
Lit.: Außer den bei d. Art. Urheberrecht Angeführten vgl.: Sieb drat, Diss. de 
dominio Wistolarum. — Goltdammer (lUeber das literar. Eigenthum an Briefen) in dem 
oben cit. Aufsatz. Pfizer. 
Brieferbrechung (John, Th. I. S. 785 ff.) ist eine dem Strafprozeß an- 
gehörende Maßregel, welche in der Eröffnung eines geschlossenen Briefes oder einer 
anderen geschlossenen Postsendung besteht und den Zweck hat, vom Inhalte Ein- 
sicht zu nehmen. Durchsuchung und Beschlagnahme sind Mittel sie zu ermöglichen, 
und wo deren Voraussetzungen und Erfordernisse mangeln oder hinfällig werden, 
kann auch die B. ausgeschlossen sein. Ihr eigenes Gesetz aber hat die B. in der 
Edition, insofern diese gerade in der Aushändigung, um Einsicht und Abschrift zu 
gewähren, besteht. Wo der Editionspflichtige die Einsicht gestattet, ist die Staats- 
anwaltschaft zur B. unbedingt berechtigt; wo die Zustimmung des Betroffenen da-
	        
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