Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Bürgschaft. 439 
(idem fide tua esse jubes? iubeo). Aus diesem Begriffe folgt, daß ihre Gürtigkeit 
durch das Dasein einer Hauptobligation, sei es auch nur einer naturalen, bedingt 
ist, daß sie nach ihrem Inhalt sich von dieser nicht entfernen (aliud pro alio), 
noch nach ihrem Umfang über sie hinausgehen (in duriorem causam), sondern nur 
sich auf ein Minderes (in leviorem causam) beschränken kann. Eine Ueberschreitung 
der zulässigen Grenzen macht wegen der strengen Natur der Stipulation die ganze 
fidejussio nichtig. Eine gültige Fidejussion aber bewirkt, daß der Bürge für die 
Hauptschuld in ihrer jeweiligen Gestalt, also einerseits mit den Erweiterungen 
durch culpa und mora, andererseits aber auch nur nach Maßgabe der Einreden 
des Hauptschuldners einzustehen hat. Die Klage gegen ihn ist actio ex stipulatu. 
III. Daneben bildete sich das prätorische constitutum debiti alieni, d. i. die 
formlose eigene Verpflichtung zu einer bestimmten, von einem Anderen geschuldeten 
Leistung; ein Geschäft, das sich nicht blos zur definitiven Uebernahme der fremden 
Schuld, sondern auch zur Sicherstellung des Gläubigers eignete, und in dieser 
letzteren Verwendung ebenfalls unter den Begriff der B. fällt. Auch das Konstitut 
setzt zu seiner Entstehung eine Hauptschuld voraus und kann nicht über deren Art 
und Maß erschwerend hinausgehen. Allein einestheils darf es Abweichungen nach 
Ort, Zeit, Person und Gegenstand in sich aufnehmen, und anderntheils wird es 
bei seiner freien Natur, durch eine Ueberschreitung der zulässigen Grenzen nicht 
gänzlich, sondern nur für das Uebermaß nichtig. Sodann aber besteht seine Wir- 
kung nicht in einem Eintritt in das Hauptschuldverhältniß, sondern in einer Haf- 
tung auf den bei der Konstituirung vorausgesetzten Inhalt der Hauptschuld; so 
daß dem Konstitutsbürgen an sich weder die Erweiterungen derselben zur Last fallen, 
noch die später entstandenen Einreden des Hauptschuldners zu gute kommen. Die 
Klage war eine actio in factum, sogenannte constitutoria. Uebrigens war auch eine 
pönale sponsio dimidiae partis gestattet (Bruns, Ztschr. f. R.gesch., I. S. 30 ff.). 
IV. Schon im Justin. R. sind die materiellen Unterschiede zwischen dem Konstitut 
behufs Sicherstellung und der Fidejussion dadurch verwischt, daß man mittels be- 
sonderer Abrede die letztere auf eine bestimmte zur Zeit geschuldete Leistung begrenzen 
und das erstere auf den künftigen Inhalt einer Hauptobligation (mit Erweiterungen 
und Gegenrechten) erstrecken konnte. Im heutigen R. aber ist auch die Form der 
Fidejussion und Alles, was damit zusammenhängt, hinweggefallen. Mithin sind 
nunmehr beide Geschäfte in einem einheitlichen formlosen B.Svertrage aufgegangen, 
und es ist lediglich eine Frage der Willensauslegung, ob der Bürge an der Haupt- 
schuld mit allen Wandlungen Theil nehmen oder den bestimmten derzeitigen In- 
halt derselben, sei es unverändert, sei es mit gewissen nicht erschwerenden Ab- 
weichungen, zum Gegenstand seiner B. hat machen wollen. Daran aber ist fest- 
zuhalten, daß zur B. der Zweck gehört, dem Gläubiger nur Sicherheit zu ge- 
währen. Daher bleibt das Versprechen, eine fremde Schuld zu erfüllen, welches in 
der Absicht eigener Leistung gegeben wird, ein von der B. auch heute noch zu unter- 
scheidendes constitutum debiti alieni. V. Im Röm. R. konnte die Sicherung eines 
Gläubigers endlich auch durch ein demselben ertheiltes Mandat, dem Schuldner 
Kredit zu geben (sogenanntes mandatum qualificatum), erzielt werden. Aus einem 
solchen Auftrag haftete der Mandant (mandator) mit der actio mandati contraria 
dem Mandatar auf Schadloshaltung und damit materiell auf Zahlung der Kredit- 
schuld. Im heutigen R. aber ist bei der Formlosigkeit aller Verträge an den 
Kreditauftrag immer zugleich auch eine B. als solche angeknüpft, und finden daher 
auf diese Seite des Geschäfts die für die B. geltenden Regeln, auf die anderen 
aber, davon unabhängig, die Mandatsgrundsätze Anwendung (s. Th. I. S. 431). 
VI. Die Voraussetzungen einer B. sind: 1) Ein fähiges Subjekt. Das 
Gem. R. untersagt dieselbe den Weibern und für gewisse Schulden den Soldaten 
(1 31 C. de loc. 4, 65) und den Geistlichen (Nov. 123 c. 6). Das Preuß. R. 
§ 219 I. 14 verlangt passive Darlehnsfähigkeit. 2) Eine Hauptschuld, gleichviel
	        
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