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deren die Benutzung und Verwaltung des Familienvermögens immer nur Einer
Person auf Grund des ErbR. zusteht, wogegen die übrigen Agnaten nur geringe
Antheile an den Einkünften des Familienvermögens erhalten, welche in der Regel
als Apanage erscheinen. Auch gilt stets agnatische Succession, so daß die weib-
lichen Familienglieder und deren Desgzendenten, die Kognaten entweder ganz von
der Nachfolge in das Familienvermögen ausgeschlossen sind oder erst nach dem
Aussterben des Mannsstamms zur Nachfolge gelangen. Auch ein Anspruch auf
Apanage steht den Kognaten nicht zu, sondern nur den Töchtern des Familien-
haupts und der Agnaten ein Anrecht auf standesmäßige Versorgung und bei der
Verheirathung auf standesmäßige Aussteuer. Der hohe A. wird allein erworben
durch Abstammung aus einer standesmäßigen Ehe, d. h. einer Ehe, bei welcher beide
Ehegatten dem hohen A. angehören, es müßte denn in einem hochadeligen Haufe
das Ebenbürtigkeitsprinzip durch Hausgesetz oder Observanz ausgegeben, oder in
einem bestimmten Falle durch den Konsens der Agnaten davon abgesehen sein.
Einen Verlust des hohen A. giebt es nach der richtigen Ansicht nicht. Durch
Heirath mit einem nicht dem hohen A. angehörigen Manne tritt zwar die hoch-
adelige Frau in den Stand des ersteren, doch wird der hohe A. nur fuspendirt,
nach Auflösung der Ehe lebt er wieder auf.
Der niedere A. ist aus zwei Elementen hervorgegangen, aus der Ritter-
schaft und Denen, welche durch Verleihung des Deutschen Kaisers oder des Landes-
herrn in diesen Stand erhoben sind. Der auf Verleihung beruhende A. wird als
Brief., Bullen-, Diplomen--A. (nobilitas codicillaris) bezeichnet,
so genannt von dem Adelsbrief, in welchem die Verleihung ausgesprochen wird.
Bei dem niederen A. wird alter und neuer A. unterschieden. Vom alten A.
spricht man dann, wenn demselben durch eine Reihe von Generationen hindurch
die beiderseitigen Aszendenten einer Person angehört haben. Von dem alten A.
ist verschieden der Uradel. Es ist dies der A., der auf unvordenklicher Verjährung
beruht, wobei es nicht in Betracht kommt, ob auch die weiblichen Aszendenten
dem A. angehört haben. Der etwa erforderliche Beweis des A. wird die Adels-
probe, der des alten A. die Ahnenprobe genannt. Besondere Vorrechte kommen
dem niederen A. heutzutage nicht zu, weder politische noch civilrechtliche. Man
hat zwar in letzterer Hinsicht den Anspruch auf eine besondere Titulatur oder
wenigstens das dem Familiennamen vorzusetzende Wort „von“, das Wappenrecht
und das Recht der Autonomie angeführt. Allein das Wort „von“ ist kein unter-
scheidendes Merkmal des nicht titulirten niederen A.; denn es giebt sowol adelige
Familien, welche sich desselben nicht bedienen, als bürgerliche Familien, welche
dasselbe mit ihrem Namen verbinden. Auch das Wappernrecht ist kein ausschließ-
liches Recht des A., indem auch bürgerliche Familien von jeher eigene Wappen
geführt haben. Die Autonomie endlich steht dem niederen A. gar nicht zu. Das
Recht, Familienfideikommisse zu errichten, ist nicht als Ausfluß der Autonomie zu
betrachten, sondern ist eine Folge der allgemeinen Handlungsfähigkeit. Dasselbe
ist daher auch keineswegs ein Vorrecht des A., sondern steht einer jeden handlungs-
fähigen Person zu. Dies gilt sowol nach Gem. R., als nach den Part. R., wenn
auch das Bayer. Edikt über die Familienfideikommisse vom 26. Mai 1818 (8 1)
Familienfideikommisse nur zum Vortheil adeliger Personen und Familien errichten
läßt. Der niedere A. wird erworben durch Geburt und durch landesherrliche
Verleihung. In ersterer Hinsicht wird eheliche Abstammung von einem adeligen
Vater vorausgesetzt; der Stand der Mutter ist irrelevant. Die Legitimation hat
beim niederen A. die gewöhnlichen Wirkungen. Rücksichtlich der legitimatio per
subseduens matrimonium wird dies allgemein zugegeben, bei der legitimatio per
reserihtum principis leugnen es einige Schriftsteller, jedoch ohne stichhaltigen
Grund. Partikularrechtlich ist allerdings der letzteren diese Wirkung abgesprochen
worden #Bayer. A.-Ed. v. 26. Mai 1818 § 2). Verloren geht der niedere A.