Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

476 Communio incidens. 
über das C. für die neuere Jurisprudenz grundlegend wurde, bezeichnet das C. der 
ersteren Art als „accessorisches“, das der letzteren als „stellvertretendes“. Selbst- 
verständlich sind beide Fragen zu bejahen, sofern eine besondere Abrede oder das 
Gesetz zufolge Verzuges, Streitbeginnes und Urtheils den Schuldner zur Leistung 
des C. verpflichtet. Aber auch ohne Rücksicht auf diese Fälle sprechen unsere 
Quellen sowol allgemein, als auch in einer Reihe einzelner Entscheidungen den 
Satz aus: C. ejus esse debet, cujus est periculum. Diese Regel ist jedoch, wie 
seit Mommsen allgemein anerkannt wird, nur dahin zu verstehen, daß Derzjenige, 
welcher die Gefahr eines bestimmten Ereignisses trägt, auch den aus diesem hervor- 
gegangenen Gewinn beanspruchen kann. Im Uebrigen umfaßt jedes Forderungs- 
recht stets dasjenige C., welches in der Hauptsache aufgeht, wie Anschwemmung, 
natürliche und juristische Accession. In Bezug auf den neben der Hauptsache 
selbständig verbleibenden Gewinn meint zwar Windscheid (Lehrb., 3. Aufl., § 327) 
eine allgemeine Regel nicht aufstellen zu können, allein die von ihm (Anm. 6 
a. a. O.) aufgeführten Quellenbelege rechtfertigen die Meinung Mommsen's, 
daß dieses C. nur bei onerosen Obligationen dem die Gefahr tragenden Gläubiger 
gebühre. Ueberall aber kommt nur das sog. C. ex re dem Gläubiger zu Gute, 
d. h. derjenige Gewinn, welchen die zu leistende Sache unmittelbar gewährt, so 
beim Kauf die Früchte seit Abschluß des Vertrages (1. 13 58 10, 11, 13 D. 19, 1; 
I. 7 pr. D. 18, 6; I. 4 § 1 D. 22, 1; I. 16 C. 4, 49), nicht etwa auch der- 
jenige, welcher — wie z. B. das lucrum ex negotiatione perceptum (1. 21 D. 18, 4) 
— zwar mittels der Sache aber doch nur durch die persönliche Thätigkeit des 
Schuldners entstanden ist. Hinsichtlich des Miethszinses besteht eine Antinomie 
zwischen 1. 13 § 11 u. § 13 D. 19, 1. Ebenso ist es streitig, ob dem Gläubiger 
ein Anspruch auf die Versicherungssumme der zerstörten oder beschädigten Sache zu- 
steht (Lippmann in den Dogm. Jahrbb. VII. 2; Seuffert's Arch. VI. 180), 
— eine Kontroverse, welche durch das Preuß. Eigenthumsgesetz vom 5. Mai 1872 
§ 30 bejahend entschieden ist, während nach C. civ. der Gläubiger die Cession der 
Entschädigungssumme von dem Schuldner fordern kann (art. 1303, vgl. art. 1934). 
Was die neueren Gesetzbücher betrifft, so hat das Oesterreichische das C. 
(„Nebengebühren“) in gar keine Verbindung mit dem Zufall gebracht, das Sächsische 
dagegen als Prinzip aufgestellt, daß von der Zeit an, wo der zukünftige Erwerber 
einer Sache den Zufall trägt, ihm mit den Lasten auch diejenigen Vortheile ge- 
bühren, welche sonst dem Eigenthümer zukommen, und zwar: Zuwachs, natürl. und 
jurist. Früchte. Das Preuß. LR. hat zwar eine Abweichung vom Gem. R. hier 
nicht aufgestellt; seine Bestimmungen werden jedoch dadurch beeinflußt, daß Zufall, 
mithin auch C., von dem Eigenthumsübergang abhängig sind. Nach C. civ. geht 
bei einem auf Uebertragung von Eigenthum gerichteten Vertrag schon mit dem 
Konsens Gefahr und Eigenthum auf den Gläubiger über (art. 1138) und ihm ge- 
bühren daher auch alle Vortheile aus der Sache. 
Quellen u. Lit.: § 3. I. 3, 23. — I. 10 D. 50, 17. — 1. 22 § 3 C. 6, 3. — 
1. 18 D. 23, 3. — I. 66 § 3 D. 24, 3. — Preuß. LR. I. 9 89§ 99, 100. I. 11 § 105, 
474, 485. — Oesterr. BGB. (II. 17) &&# 912, 913. — Sächf. BG#B. 3 869. — Außer den 
Lehrbüchern des Privatrechts: Fr. Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung in ihrem 
Einfluß auf obligator. Verhältnisse, 1853, S. 297 ff.; Desselben Erörterungen aus dem 
Obligationenrecht, 1859, Heft 1. — Ihering, Abhandlungen, 1844, Nr. I. yser 
a 
Communio incidens. C. im Allgemeinen ist jede Rechtsgemeinschaft z. B. 
des Besitzes, des Eigenthums zu reellen Theilen, des Patronats 2c. Im engeren 
Sinne versteht das Röm. R. unter C. die zwischen mehreren Mitberechtigten zu 
ideellen Theilen (partes pro indiviso incertae) stattfindende Gemein- 
schaft des Eigenthums und dinglicher Rechte an einer fremden 
Sache. Sofern die Gemeinschaft nicht durch Vertrag (Sozietät), sondern durch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.