46 Adjudikation.
Adjudikation bedeutet im Allgemeinen jede richterliche Ueberweisung. Ins-
besondere wird darunter verstanden: 1) der Spruch des Prozeßrichters, welcher das
streitige Recht des Klägers als vorhanden feststellt und ihm den Gegenstand des-
selben zuerkennt (1. 12 pr. D. qui pot. I. 16 § 5 D. de pign. et. hyp.). 2) Der
Spruch des Exekutionsrichters (addictio), wodurch dieser bei den Römern den ver-
urtheilten, aber trotzdem nicht zahlenden Schuldner dem Gläubiger zur Abführung
in die Schuldhaft zusprach (Gai III. § 189. Näheres bei Bethmann-Holl-
weg, Civ.Prz., II. § 113). 3) Der Spruch des Theilungsrichters, welcher zur
Auflösung einer unter den Parteien bestehenden Gemeinschaft das Recht der einen von
ihnen an die andere oder die Rechte beider an einen Dritten überträgt, 1. 36 D. fam.
herc. Im Röm. Formularprozesse wurde der Geschworene dazu durch einen be-
sonderen, in seiner Instruktion enthaltenen Satz: quantum adjudicari oportet, adiu-
dicato ermächtigt (Gai IV. 42). Daher hieß auch dieser Formeltheil selbst adiu-
dicatio, im Gegensatz zu den drei anderen ordentlichen Bestandtheilen: demon-
stratio. intentio, condemnatio. Während diese letzteren in den verschiedensten Klag-
sormeln vorkamen, war die adiudicatio den drei Theilungsklagen eigenthümlich.
Bal. Bethmann-Hollweg, II. 8 87 a. E. Im Justin. R. ist eine adiu-
dicatio als pars formulae nicht mehr möglich, dagegen die materielle Natur des
Theilungsspruchs unverändert geblieben. Der Inhalt desselben kann nun sehr ver-
schieden sein, indem der Theilungsrichter ganz freie Hand hat, je nach den Um-
ständen die Auseinandersetzung zu bewirken. Er kann entweder die den Parteien
gemeinsam zugehörige Sache reell zerlegen und jedem Genossen eins der nunmehr
selbständigen Stücke als Alleineigenthum zuweisen oder die ganze Sache einem ein-
zelnen Genossen überlassen und diesen dafür zu einer Abfindung des andern in
Geld verurtheilen (§ 5 J. de off. ind. I.I. 1. 3. C. comm. div.). Bei einer Mehrheit
gemeinsamer Gegenstände wird die Abfindung gewöhnlich in der Art bewirkt werden,
daß der eine derselben diesem, der andere jenem Genossen ganz zugewiesen wird
(* 4 J. de ofl. ind.). Der Richter kann aber auch ferner nach vorgängiger Ver-
steigerung die Sache an einen Dritten adjudiziren und den Erlös unter den Par-
teien theilen (1. 3 C. cit.). Und er kann endlich auch neue dingliche Rechte, welche
bis dahin noch nicht bestanden, z. B. einen Nießbrauch, zu Gunsten des einen oder
des anderen Genossen an der Sache bestellen (I. 6 § 10 D. comm. div.); ja bei
Erbschaftsregulirungen darf er zur Ausgleichung der Antheile seinen Spruch sogar
auf die zum Nachlaß gehörigen Obligationen erstrecken (1. 3 D. fam. herc.). In
derselben Weise wie das Eigenthum können auch alle anderen Rechte, welche sich
zum Gegenstand eines Theilungsverfahrens eignen, eventuell wenigstens deren Aus-
übung, durch A. übertragen werden, so namentlich Nießbrauch, Pfandrecht u. dgl. m.
Vgl. 1. 7 D. comm. div. In allen diesen Fällen wirkt die A. einen sofortigen Ueber-
gang des zugesprochenen Rechts auf den Adjudikatar, ohne daß es erst einer Besitz-
ergreifung bedarf (X 7 J de oft. ind.). Doch kann das Recht auf diesen natürlich nur
übergehen, wenn der andere Genosse selbst es hatte, und in dem Zustande, wie
dieser es hatte tcum onere, 1. 17 D. de usurp.). Der rechtliche Grund für die
durch A. vermittelte Nachfolge ist überall ein Kauf oder Tausch oder Innominatver=
trag, je nachdem der Adjudikatar für den Erwerb Geld oder eine andere Sache
oder Handlung als Gegenleistung gewährt (1. 1 C. comm. utr. iud. I. 7 §. 13
D. comm. dis. I. 20 § 3 D. fam. herc. I. 28 C. fam. herc.). Daher finden
die gewöhnlichen Regeln über Entwährung, Verletzung über die Hälfte und dgl.
auch hier Anwendung (I. 1. 7. 3. C. comm. utr. ind.). Weiteres bei Eck, doppel-
seitige Klagen, S. 101.—105. Andere fassen den Rechtserwerb durch A. an einen
Theilhaber vielmehr als Accrescenz oder Konsolidation (s. bes. C. F. Koch, Kom-
mentar zu § 1 A. LR. 1, 11), noch andere als Verbindung von Accrescenz und
Permutation ( Steinlechner, Juris communio, II, S. 96—113). Die Koch'sche Auf-
fasfung ist zumal in Bezug auf die Auseinandersetzung der Miterben auch vom