506 Delegation.
schieden sein, namentlich können Schuldverhältnisse zwischen denselben ebenso dasein
wie nicht dasein. Durch die Zusammenstellung der D. mit der Novation, durch
die Legaldefinition in 1. 11 pr. D. 46, 2 sowie durch die Zusammenbehandlung
beider in je einem Titel der Pandekten und des Kodex, haben dieselben Quellen
den gemeinrechtlichen Theoretikern schon seit Cujacius und Donellus Anlaß gegeben
zu engeren Definitionen: als mandatum cum novatione; als Auftrag an einen An-
deren, einem Dritten ein Versprechen zu geben (Thöl, H.N., I. §128); als „Ueber-
einkunft, durch welche ein bestehendes Obligationsverhältniß in der Weise gelöst
wird, daß an die Stelle des ausscheidenden Gläubigers oder Schuldners ein Dritter
einrückt"“ (Endemann, H. R., § 134). Diese Ansichten kommen im Allgemeinen
darauf hinaus, die D. für eine Unterart der Novation anzusehen; es ist aber eine
solche selbstverständlich nie bei einer Zahlungsanweisung vorhanden und bei der
Kreditanweisung zwar denkbar, aber nicht nothwendig. Salpius will einen von
dem zweiseitigen mandatum zu unterscheidenden einseitigen iussus unter die Kriterien
der D. stellen. (Dagegen Witte, Krit. Vierteljahrsschr. VIII. S. 350 ff.).
Es ist begreiflich, daß für ein Institut, welches bei der Mannigfaltigkeit des
Leistungsinhaltes so viele einander mehr äußerlich gleichsehende, als innerlich gleich-
artige Geschäfte umfaßt, viele allgemeine Regeln nicht aufzufinden gewesen sind;
desto interessanter erscheinen die einzelnen Geschäfte, bald durch die allen Scharffinn
herausfordernden Verwicklungen, bald durch die Schwierigkeiten einer juristischen
Konstruktion der Vorgänge. Nicht besser als die gemeinrechtlichen Theorien ist die
neuere Gesetzgebung mit diesen Problemen zu Stande gekommen, indem sie weder
dem generellen D. sbegriff größere praktische Bedeutung zu verschaffen, noch aus den
einzelnen D.sspezies dauerhafte Rechtsgebilde zu entwickeln vermocht hat.
Das Preuß. LR. handelt bei den Anweisungen von der D. und erfordert,
daß bei einem Geschäfte, wo der Angewiesene den Anweisenden als Schuldner
„völlig entläßt, und statt seiner den Assignaten zum Schuldner annimmt"“, die Ein-
willigung des Assignaten hinzutrete. Die D. wird hiernach als Eintritt in ein
fremdes Schuldverhältniß bezeichnet, und zwar kann sie bald Gläubigersuccession
sein, bald Schuldnersuccession. Für letztere Form enthält das A. LR. keine näheren
Bestimmungen, wie seine Vorschriften über D. überhaupt dürftig, doch keineswegs
dürftiger als die der anderen Gesetzbücher sind. Aus dem Begriff folgt, daß bei
gegenseitigem Schuldverhältniß der Delegant von seiner Schuld gegen den
Delegatar ledig wird und diesem für die Richtigkeit der überwiesenen Forderung
nicht haftet. Sodann verliert der Delegat, welcher Schuldner des Deleganten war,
dadurch, daß er den Delegatar als Gläubiger anerkennt, alle Einreden, die er dem
Ersteren entgegensetzen konnte. Letzteren Punkt hat die Preuß. D. mit der Cession
gemeinsam, während sie sich von der Novation praktisch dadurch unterscheidet, daß
sie Vorzugs= und Sicherungsrechte, die der Forderung des Delegatars an den Dele-
ganten zukamen, nicht beseitigt.
Der Franz. Code civ. bespricht die D. im Abschnitt de la novation, gleich-
wol erkennt er auch eine D. an, welche keine Novation bewirkt. Eine Novation
tritt nur ein, wenn zu dem Geschäft, mit welchem der Schuldner seinem Gläubiger
einen anderen Schuldner giebt, „ui s’oblige envers le créancier“, die ausdrückliche
Erklärung des Gläubigers hinzukommt, „qu'il entendait decharger son débiteur
(ui a fait la delegation". Auch „la simple indication faite par le débiteur une
personhe qdui doit payer à sa place“ scheint als D. gelten zu sollen; ja der Code
civ. kennt sogar eine delegation du revenu net et libre der Immobilien des
Schuldners, indem er hier offenbar gänzlich den technischen Begriff aufgiebt.
Das Oesterr. BGB. gebraucht den Ausdruck D. nicht, die wichtigsten der zu-
gehörigen Fälle werden unter der Rubrik Anweisung (Assignation) behandelt. Diese
wird als „Umänderung der Verbindlichkeit“ definirt, „wenn der Schuldner einen
Dritten an seine Stelle als Zahler stellt“, und damit zugleich von der Novation