Agrargesetzgebung. 57
Bewirthschaftung werden mußte, ging die Gesetzgebung bald weiter und strebte eine
planmäßige Durchführung der hier und da schon freiwillig vorgenommenen Arron-
dirung oder Verkoppelung (in Preußen Separation genannt) an. Zu
diesem Behufe wurde oft einer nach dem Umfange des Areals und mitunter zu-
gleich nach Kopfzahl und Steuerbetrag bemessenen Mehrheit der Grundbesitzer das
Recht gegeben, die Minderheit zur Betheiligung an einer Zusammenlegung und
demnächstigen besseren Wiedervertheilung der sämmtlichen Grundstücke einer Feld-
mark zu zwingen. Oder es wurde doch für den Fall des einstimmigen Antrags
die Separation in mannigfachster Weise begünstigt und erleichtert (z. B. in
Preußen). Das ganze Verfahren findet vor staatlichen Behörden (in Preußen
Spezial= und Generalkommissionen mit der Oberinstanz des Revisionskollegiums)
statt. Gewisse Grundstücke sind von der Verkoppelung ausgenommen. Die übrigen
werden in Eine Masse vereinigt, aus welcher sodann jedem Interessenten ein
thunlichst zusammenhängendes und für die Bewirthschaftung von seinem Hofe aus
möglichst günstig belegenes Areal nach Verhältniß der Größe und Güte seines
eingeworfenen Landes zurückerstattet wird. Kleine Differenzen werden durch Geld
oder andere Vortheile ausgeglichen. Das zugetheilte Land nimmt in jeder Be-
ziehung, namentlich auch bezüglich dinglicher Lasten und Steuern, die rechtliche
Natur des eingeworfenen an. Betheiligte Dritte haben kein Widerspruchsrecht.
Der Charakter des Ganzen ist der einer Zwangsenteignung mit Gewährung der
Entschädigung in Land.
An die Auflösung der Feldgemeinschaft schließt sich die fortschreitende Auf-
lösung der auf Wald und Weide bezüglichen Markgemeinschaft durch die Aufthei--
lung der im Gesammteigenthum stehenden Gemeinländereien an, wobei die Gesetz-
gebung gleichfalls durch Gemeinheitstheilungsordnungen befördernd einzugreifen
sucht (vgl. d. Art. Gemeinheitstheilung).
In Verbindung mit der Auphebung der alten Gemeinschaftsverhältnisse steht
die Aufhebung oder Ablösung vieler darin wurzelnden dinglichen Berechtigungen,
mancher Dienstbarkeiten, einzelner Näherrechte (vgl. d. Art. Marklofung) 2c.
IV. Die Freiheit des ländlichen Grundeigenthums wird nun aber nicht nur
durch herrschaftliche und gemeinheitliche Verhältnisse, sondern auch durch objek-
tive Rechtssätze beschränkt, welche in Bezug auf gewisse Klassen von Gütern
den Erwerb, die Veräußerung und namentlich die Theilung einschränken und im
Zusammenhange damit eine besondere Erbfolge begründen. Obwol diese Rechts-
sätze zum Theil aus jenen Verhältnissen hervorgewachsen sind, haben sie ihre
prinzipielle Ausbildung erst aus den Gesichtspunkten des öffentlichen Interesses
einerseits und eines besonderen Standesrechts andererseits erhalten. Dabei hat
namentlich in Bezug auf das Recht der Bauergüter die Gesetzgebung sich vielfach
durch Rücksichten der Landeskultur leiten lassen, vor Allem die Geschlossenheit oder
Untheilbarkeit der Bauergüter deshalb statuirt, um dieselben in wirthschafts= und
leistungsfähigem Umfange zu erhalten. Umgekehrt ist gerade von dem Gesichts-
punkt der landwirthschaftlichen und allgemein volkswirthschaftlichen Zweckmäßigkeit
aus in neuerer und neuester Zeit mit allen derartigen Beschränkungen ausgeräumt
und namentlich die Untheilbarkeit beseitigt worden. (Näheres in dem Art. Dis-
membrationen.) Fällt die Gesetzgebung über diese Punkte des bäuerlichen
Güterrechts unter den Begriff der A., so gilt nicht das Gleiche von der bezüglich
der großen Güter entsprechenden Gesetzgebung über Lehen, Stammgüter und
Fideikommisse, indem die Motive für diese mehr im Familien= und Standesrecht,
als in Rücksichten der Landeskultur liegen. Eher gehören hierher die Beschrän-
kungen der Vereinigung von Grundbesitz in Einer Hand, wie sie namentlich zu
Ungunsten juristischer Personen vorkommen.
V. In einem gewissen Gegensatz zu der individualisirenden und befreienden
Richtung, welche in allen bisher erwähnten Gesetzen vorherrscht, stehen andere