Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Erfindungspatente. 721 
» Beschwerden gegen solche Beschlüsse dieser Abtheilung, welche blos das Ver- 
fahren, die Beweisaufnahme 2c. betreffen, gehen an diejenigen beiden Abtheilungen, 
welche über Patentgesetze aus demselben Gebiete der Technik, wie das in Rede 
stehende Patent zu beschließen haben. 
Gegen Definitiventscheidungen der gerichtlichen Abtheilung des Patentamts 
findet die Berufung an das Reichsoberhandelsgericht, jetzt Reichsgericht, statt, wo 
fie nach der Anordnung des Präsidiums des Reichsgerichts vom 24. Novbr. 1879 
für das Jahr 1880 vor den ersten Civilsenat gehören, dessen Verfahren sich durch 
ein Regulativ bestimmt, welches von dem Gerichtshofe entworfen und durch kaiser- 
liche Verordnung vom 1. Mai 1878, betreffend das Berufungsverfahren beim 
Reichsoberhandelsgerichte in Patentsachen, unter Zustimmung des Bundesraths fest- 
gesetzt ist (Patentges. § 32; Einführungsges. zur RePO. F 13). 
7) Das ertheilte Patent bewirkt das Verbot der gewerbsmäßigen Herstellung 
des patentirten Gegenstandes im Inlande. Demgemäß erscheint trotz der Patenti- 
rung vollständig erlaubt, zunächst die gewerbsmäßige Herstellung des patentirten 
Gegenstandes im Auslande, denn so sehr auch die neueren Handelsverträge in ähn- 
licher Weise, wie früher der Zollverein die Bedeutung der E. beeinträchtigt haben, 
so fehlt es doch an internationalen Bestimmungen hinsichtlich des Patentschutzes 
fast gänzlich; die neueren Handelsverträge enthalten allerdings ziemlich überein- 
stimmend den Grundsatz, daß die Unterthanen der vertragenden Theile in Bezug 
auf Handel und Gewerbe aller Vorrechte, Befugnisse und sonstigen Begünstigungen 
irgend welcher Art sich erfreuen sollen, welche die Inländer jetzt oder künftig ge- 
nießen, und es folgt daraus, daß die betreffenden Ausländer gleich den Inländern 
von der nationalen Patentgesetzgebung Nutzen ziehen können; dagegen ist die Idee 
eines gemeinsamen internationalen Patentrechts (analog dem internationalen Schutz 
des literarisch-artistischen Eigenthums) nur in dem Handelsvertrage mit Oesterreich 
vom 11. April 1865 (Art. 18) angedeutet, indem die vertragenden Theile überein- 
kommen, gemeinschaftlich dahin zu wirken, daß durch Annahme gleichförmiger 
Grundsätze die Gewerbsamkeit befördert und der Befugniß der Unterthanen des 
einen Theils, in dem andern Arbeit und Erwerb zu suchen, möglichst freier Spiel- 
raum gewährt werde, was dann in dem Deutsch-österreichischen Handelsvertrage 
vom 18. Dezbr. 1878 (Art. 20) resp. im Schlußprotokoll dahin erweitert ist, daß 
die Angehörigen der beiden Staaten gegenseitig denfelben Schutz wie die Einheimi- 
schen genießen sollen (darüber besonders [Jacobil Bericht über das kais. Patent- 
amt, Berlin 1879, S. 3 ff.). Es erscheint ferner trotz der Patentirung vollständig 
erlaubt, die nicht gewerbsmäßige Herstellung des patentirten Gegenstandes im In- 
lande, insbesondere die Herstellung von Einzelkopien für den Privatgebrauch. Und 
es ist endlich auch die Anwendung und der Gebrauch des patentirten Gegenstandes 
im Allgemeinen statthaft, sofern nicht ein Verfahren, eine Maschine oder sonstige 
Betriebsvorrichtung, ein Werkzeug oder ein sonstiges Arbeitsgeräth den Gegenstand 
der Erfindung bildet. 
Uebrigens tritt die Wirkung des Patentschutzes dann überhaupt nicht ein, 
wenn die Erfindung nach Bestimmung des Reichskanzlers für das Heer oder für 
die Flotte oder im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll, vor- 
behaltlich der vollständigen Entschädigung, die im Rechtswege festgesetzt wird. 
Eine Bezeichnung der patentirten Gegenstände als solche ist nicht vorge- 
schrieben; das Patentamt hat jedoch durch Bekanntmachung vom 9. Oktbr. 1879 
den Patentinhabern die Bezeichnung „Deutsches Reich. Patent.“ oder „-D. R. P., 
unter Beifügung des Datums, mit welchem die Patentdauer begonnen hat, em- 
pfohlen, entweder auf den Gegenständen selbst oder auf der Umhüllung. 6 
8) Die Patentdauer ist gesetzlich eine fünfzehnjährige, deren Lauf bereits mit 
dem auf die Anmeldung folgenden Tage beginnt, obgleich der Schutz erst mit dem 
sog. Aufgebotsverfahren beginnt. Die feste Dauer des Patentschutzes ist aber nur 
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon I. 3. Aufl. 46
	        
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