756 Exceptio veritatis — Erequatur.
Gegenstande eine dauernde Aufmerksamkeit geschenkt und vielfach das Verbot einer
Ueberführung kirchlicher Rechtssachen an außerdeutsche Gerichte unter staatsgesetzliche
Garantie gestellt. So z. B. die zur oberrheinischen Kirchenprovinz ver-
einigten Staaten in der Verordnung vom 30. Jan. 1830, § 10 (vgl. Württem-
berg, Gesetz vom 30. Jan. 1862, Art. 10), Preußen, schon durch das Allg. LR.
Th. II. Tit. 11 §§ 137, 138 — jetzt durch das Gesetz vom 12. Mai 1873, F 1.
Lit.: Richter-Dove, Kirchenrecht, § 210. — Mejer, Kirchenrecht, § 190. — Phil-
lips, Lehrb. d. Kirchenrechts, I. § 95. — Longner, R.Verh. d. Bisch, in d. oberrhein.
K. Prov., S. 118 ff. Hübler.
Exceptio veritatis, s. Wahrheitsbeweis.
Exekutivzwang, s. Verwaltungsexekution.
Exemtionen sind Abweichungen von dem normalen kirchlichen Subjektions-
verhältniß, wonach einzelne Personen, Institute oder Gebiete von der ordentlichen
Jurisdiktion ausgenommen werden. Derartige Befreiungen kommen sowol von der
Metropolitan= als von der bischöflichen und Pfarrgewalt vor. Die wichtigsten
sind die E. der Klöster von der pfarrlichen resp. bischöflichen Jurisdiktion und der
Bisthümer von dem Metropolitanverbande. Als exemte Orden gelten z. B. die
Cisterzienser, Prämonstratenser, Kluniazenser. Zu den exemten Prälaten, die also
unmittelbar unter dem Röm. Stuhle stehen, gehören die vier Deutschen Bischöfe
von Ermland, Breslau, Hildesheim, Osnabrück, der apostolische Feldvikar in.
Oesterreich, welcher die bischöfliche Jurisdiktion über die kaiserliche Armee übt, bis
zum Jahre 1873 auch der katholische Feldpropst des Preußischen Heeres, ferner die
Bischöfe im Reichsland von Straßburg und Metz, sowie die sämmtlichen Bischöfe
der Schweiz (St. Gallen, Chur, Solothurn-Basel, Lausanne-Freiburg-Genf, Sitten).
In Betreff der Klöster sind zwei Arten der E. von einander zu sondern.
Entweder bildet nämlich das Kloster ein vom Bischof resp. von dem Dihzesan-
verbande gänzlich unabhängiges Territorium t(territorium nullius sc.
dioeceseos) mit einem praelatus nullius an der Spitze: hier sind alle innerhalb
des Gebiets wohnenden Laien und Kleriker ohne Ausnahme der Jurisdiktion des
Kloster-Oberen unterworfen (so z. B. die Abtei St. Moriz im Kanton Wallis).
Oder die E. erstreckt sich nur auf das Kloster und die zu ihm gehörigen
Personen: hier bleibt das bischöfliche Regiment über das Gebiet selbst und die
weltlichen Unterthanen des Klosters in Kraft, der Diöbzesanverband ist also nicht
ganz unterbrochen.
Das Konzil von Trient war den E. nicht günstig, nachdem dieselben
während des Mittelalters in außerordentlicher Weise angewachsen waren, indem die
Orden und Klöster von den Päpsten durch die Exemtionsprivilegien als Gegen-
gewicht gegen bischöfliche Selbständigkeitstendenzen benutzt wurden. Das Triden-
tinum hat die Jurisdiktion der Bischöfe über die exemten Klöster, soweit sie die
Seelforge (cura animarum) betrifft, wieder hergestellt und ihnen gleichzeitig eine
Reihe von anderen Befugnissen (Ausfsichtsrechte) theils zu eigenem Rechte, theils im
Wege der Delegation zugewiesen. Seitdem wird auch von den Römischen Spruch-
behörden eine sehr strikte Interpretation der Exemtionsprivilegien zur Anwendung
gebracht. In der evangelischen Kirche finden sich partikularrechtlich E. vom Pa-
rochialzwang. So früher generell bezüglich der Beamten. Die neuere Entwicklung
ist derartigen Ausnahmestellungen nicht günstig und allenthalben strebt man mit
Recht danach, dieselben möglichst zu beseitigen.
Lit.: Richter-Dove, Kirchenrecht. § 146. — Phillips, Lehrb. d. Kirchenrechts, I.
§ 149. — Hinschius, Kirchenrecht, II. § 94. — Friedberg, Kirchenrecht, § 69. —
Gareis u. Zorn, Staat u. Kirche in der Schweiz, II. §58 40—44; 1. S. 611. — Ueber
die reichsländischen Bisthümer vgl. den Staatsvertrag mit Frankreich vom 7. Oktober 1874
(R.G. Bl. S. 123). Hübler.
Exequatur (Placet) ist ein Akt, durch welchen ein Staat einem für sein
Gebiet von einem anderen Staate, durch die sog. lettres de provision (patente,
Bestellungsbrief) bestellten Konsul die Ausübung seiner Funktionen gestattet, ihm