Familieneinheit. 791
ständige Stellung. Mit ihnen werden F.handlungen in Bezug auf öffentliche Zeug-
nisse, Stempelpapier oder Stempelmarken, die Grenzfälschung u. A. zusammengestellt.
Fast überall wird ferner die F. fremder Fabrik= und Waarenzeichen im Sinne einer
Verletzung der publica fides unter besondere Strafbestimmungen gezogen.
Auch ein drittes System, wonach hier eine Kumulation nach den Grundsätzen
über Verbrechenskonkurrenz eintreten soll, ist aufgestellt worden (Württemberg 219, 3;
Oesterr. Entw. von 1867 171; Frankreich 405 i. k.). Dabei ist übersehen, daß
streng genommen hier die Voraussetzungen weder der idealen, noch der realen Kon-
kurrenz gegeben sind, da der Thatbestand der F. jene beiden Richtungen der That
als wesentliche Bestandtheile einschließt. Es wäre kaum weniger logisch, beim Raube
neben den Strafbestimmungen über den Raub zugleich die für den Diebstahl nach
den Grundsätzen über Konkurrenz zur Anwendung zu bringen.
Sch Finscchtlich der Lit. s. die zu den Art. Betrug und Urkundenfälschung angeführten
r
iften.
Gs 65.ar RtrafG#B. 8§ 146—63, 267—80, 287, 348. — Oesterreich 199 a. c. d. e., 201 a.,
204, 118—121. — Frankreich 145—65, 361—66. — Belgien 193—226. Merkel.
Familieneinheit (in armenrechtlicher Beziehung). Der dem Preuß. Armen-
rechte eigene Grundsatz der F. ist auch für das Reichsgesetz über den Unterstützungs-
wohnsitz vom 6. Juni 1870 (R.G.Bl. S. 360 — in diesem Art. als UW. be-
zeichnet) maßgebend gewesen. Die Familie bildet in deutsch-armenrechtlicher Be-
ziehung ein Ganzes; die Familienglieder nehmen an den Unterstützungsverhältnissen
des Familienhauptes Theil, sie theilen sowol den Unterstützungswohnsitz der-
selben (s. diesen Art.) als auch dessen Landarmeneigenschaft. Familienhaupt ist
der Ehemann bzw. Vater (5§ 15, 18 des UW .), die Wittwe (3 19), die ge-
schiedene Ehefrau (§ 20), die selbständige Ehefrau (§§ 17, 19, Abs. 2), die un-
eheliche Mutter (§ 21). Bezüglich der Familienglieder gilt nach der Judikatur
des Bundesheimathamtes Folgendes: 1) Familienglieder sind die Ehefrau während
der Dauer der ehelichen Gemeinschaft (§ 15) — die von derselben in die Ehe
gebrachten ehelichen und den ehelichen gesetzlich gleichstehenden (§ 19, Abs. 1),
sowie die außerehelichen (§ 21) Vorkinder — die ehelichen und den ehelichen ge-
setzlich gleichstehenden Kinder bis zum zurückgelegten 24. Lebensjahre (5§ 18, 19,
Abs. 1, 20 des UWG.). 2) Nur in einigen Beziehungen — vgl. unten — ge-
hören zur armenrechtlichen Familie die in Bezug auf Erwerb und Verlust des
Unterstützungswohnsitzes selbständige Ehefrau (§ 14), sowie diejenigen Kinder,
welche den Unterstützungswohnsitz der selbständigen Mutter theilen (§ 19, Abfs. 2).
3) Nicht zur Familie gehören die rechtskräftig geschiedene Ehefrau und die von
ihr bezüglich des Unterstützungswohnsitzes abhängigen Personen, sowie eheliche und
den ehelichen gesetzlich gleichstehende Kinder nach zurückgelegtem 24. Lebensjahre
(Wohlers, Entscheidungen, X. S. 35).
Ist diejenige Person, welche nach Vorstehendem Familienhaupt sein würde,
ihrerseits von einem Familienhaupte abhängig, so ist während der Dauer dieses
Abhängigkeitsverhältnisses ihr Familienhaupt auch das Familienhaupt der zu ihr
im Verhältniß von Familiengliedern stehenden Personen. Heirathet also ein
23jähriger, in Familienabhängigkeit stehender Sohn, so tritt seine Ehefrau mit den
von ihr etwa abhängigen Kindern u. s. w. in ein Abhängigkeitsverhältniß zu seinem
Familienhaupte. · ···
Die Familiengemeinschaft entsteht: mit der Eheschließung für die Chefrau und
die bis dahin ihre Unterstützungsverhältnisse theilenden Personen und zwar selbst
dann, wenn Armenpflege — mittelbar oder unmittelbar — bereits eingetreten war;
mit der Geburt, Adoption, Legitimation für die Kinder. 6 7#k-
Der Grundsatz, daß Familienhaupt und Familienglieder eine Personeneinheit
bilden, hat zur Folge, daß die Unterstützung, welche einem Familiengliede gewährt