Familienstand. 797
des Fideikommisses seitens der zur berechtigten Familie gehörigen Mitglieder. Der
F. bildet ein Mittel, die erwähnten Verhältnisse, welche ihre Regelung ein für alle-
mal durch den Stifter empfangen und welche sich nach strengem Recht der Einwirkung
der einzelnen Familienglieder entziehen, dem Wechsel der Zeiten und dem veränderten
Interesse. der Familie gemäß umzugestalten und bei Unmöglichkeit der Erfüllung des
beabsichtigten Zweckes ganz zu beseitigen. Der Ausdruck F. ist der Preußischen
Rechtssprache eigenthümlich. Er kommt in den die hier in Rede stehenden Institute
regelnden Vorschriften des Preuß. LR. (Th. II. Tit. 4 Abschnitt 1 u. 3) und dem
in Anschluß daran ergangenen „Gesetz vom 15. Febr. 1840 über Familienschlüsse
bei Familienfideikommissen, Familienstiftungen und Lehen“ vor, welches auch das
Verfahren bei der Ermittlung der berechtigten Interessenten, die Aufgebote und Vor-
ladungen derselben und Aehnliches näher regelt. Mit der Grundauffassung des
Preuß. R., welches die Familie — allerdings nicht berechtigter Weise — als juristische
Person denkt und ihr an den Familienstiftungsgütern das Eigenthum, an den Familien-
fideikommissen das Ober-Eigenthum zuschreibt, stehen diese Bestimmungen in voll-
kommener Harmonie, da sie die Mittel und Wege angeben, wie das verfügungs-
berechtigte Subjekt im gegebenen Fall seinen Willen erklärt. Die neueren Gesetze
anderer Staaten lassen zwar auch derartige Verfügungen, namentlich in Betreff der
Fideikommisse, unter Konsens der sämmtlichen Anwärter und mitunter der weiter
erforderlichen Genehmigung des Landesherrn, resp. des Gerichts zu (Oesterreich,
Sachsen, Braunschweig, Großherzogthum Hessen, Baden, s. Lewis, Das Recht des
Familienfideikommisses, Berlin 1868, S. 286, 456), aber keines geht davon aus,
daß sich in den diesfallsigen Erklärungen der einzelnen Anwärter der Wille der
ganzen Familie manifestire und keins kennt daher ein auf Zusammenberufung Aller
zu einem Termin gerichtetes Verfahren mit Präklusion des Widerspruchsrechtes der
Ausbleibenden. P. Hinschius.
Familienstand, Civilstandsregister. „Geburt, Ehe und Tod, in-
dem sie das Einzelleben begründen, ändern oder enden, begründen, ändern
und enden damit auch die ganze Summe von rechtlichen Verhältnissen, welche das
rechtliche Leben der Perfönlichkeit bilden.“ Auf diesem Gesichtspunkt beruht eine
Reihe öffentlicher Einrichtungen, welche, mit den Kirchen büchern beginnend, in
drei Entwicklungsstufen zu dem Civilstandsregisterwesen geführt haben.
Die Eintragung von Taufen, Eheschließungen und Sterbefällen in schriftliche
Verxzeichnisse der Ortspfarreien muß in den späteren Jahrhunderten des Mittelalters
eine ziemlich weit verbreitete Sitte gewesen sein; denn sie wird in dem Zeitalter
der Reformation zum Gegenstand allgemeiner Anordnungen, welche sie als bekannt
voraussetzen. Es lag zunächst im Geist und Interesse der kirchlichen Verwaltung
selbst, eine urkundliche Notiz über die wichtigsten Amtsakte der Pfarrgeistlichkeit
aufzunehmen. Frühzeitig muß aber auch das Interesse der Bevölkerung zu Zwecken
des Beweises der Verwandtschaft, des Erbrechts und anderer bürgerlichen Verhältnisse
eine solche Einrichtung befördert haben. Die Kirche allein besaß im Mittelalter
das nöthige Personal, um Beurkundungen derart mit einiger Regelmäßigkeit und
Gleichmäßigkeit in ihren Ortsämtern durchzuführen. Taufen, Eheschließungen und
feierliche Begräbnisse gehörten an sich so ausschließlich zur Kompetenz der kirchlichen
Behörden, daß vor den Zeiten der Reformation Einrichtungen dieser Art kein
Gegenstand weltlicher Gesetzgebung werden konnten. Für die römisch-katholische Kirche
erließ später das Tridentiner Konzil sess. XXIV. c. 1. 2 allgemeine Vor-
schriften über die sorgfältige Eintragung der Cheschließungen und der Taufen in ein
dafür geordnetes Buch. In England erging unter Heinrich VIII. (1538) nicht
eine Parlamentsacte, sondern eine königliche Verordnung über die Führung von
Kirchenbüchern und im weiteren Verlauf der Englischen Reformation wurden die
genaueren Vorschriften den Anordnungen des Kirchenregiments überlassen. Ein Versuch