Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

6 Abgeleiteter Besittz. 
haber einer Personalservitut, insbesondere der Usufruktuar, Besitzer der Sache sein 
sollte, auf die sich die Servitut bezog, hat Savigny endgültig beseitigt. Er selber 
rechnet aber noch den Emphyteuta, und Andere auch den Superfiziar, zu 
den abgeleiteten Besitzern, während Mehrere, z. B. Arndts, fie nur für Quafi- 
besitzer des dinglichen Rechts halten, dagegen wieder Andere für wirkliche ursprüng- 
liche Eigenthumsbesitzer des Grundstücks. Es scheint indefsen schwer zu leugnen, 
daß der Emphyteuta einerseits den animus domini unmöglich haben kann, anderer- 
seits aber in den Quellen durchaus als Sachbesitzer behandelt wird; insbesondere 
erwirbt er die Früchte durch Trennung 2c.; übrigens läßt sich ein a. B. des 
Emphyteuta sowol aus Nüttzlichkeitsrücksichten, als durch die geschichtliche Analogie 
des ager vectigalis mit dem ager publicus gar wohl erklären. (I. 15 § 1 D. dui 
satisdare 2, 8. I. 16 de servitutibus 8, 1. 1. 25 §. 1 de usuris 22, 1. 1. 31 
de pignoribus 20, 1.) — Berechtigter ist der Zweifel in Beziehung auf den Su- 
perfiziar. Doch wird auch ihm eine possessio bestimmt zugeschrieben, und daß ihm 
das Interdikt uti possidetis nicht in seiner gewöhnlichen Fassung gegeben wurde, 
sondern mit den auf die superbcies passenden Worten, erklärt sich aus der Natur 
der Sache von selbst. Auch kann es willkürlich scheinen, dem Emphyteuta den Be- 
fitz einzuräumen, dem Superfiziar aber ihn zu verweigern. (I. 1 § 1 D. de 
superficiebus 43, 18. 1. 1 § 5 de vi 43, 16. 1. 3 8 7 uti possidetis 43, 
17. 1. 13 § 3 de pignoribus 20, 1.) — Vangerow hält sowol den Super- 
fiziar als den Emphyteuta für abgeleitete Besitzer und schreibt in beiden Fällen 
dem Verpachter Usukapionsbesitz zu. Windscheid erklärt sich gegen den a. B. 
des Einen wie des Anderen. 
Wie es auch mit diesen letzten zweifelhaften Fällen sein möge, der Begriff selbst 
des a. B. ist nicht zu bestreiten; er war übrigens längst schon, wenn auch noch 
unklar, von einzelnen Rechtsgelehrten erkannt worden, bevor ihm Savigny den 
Namen gegeben und einen bestimmten eigenen Platz im System angewiesen hat. — 
Dennoch giebt es Juristen, welche nicht nur den gemeinsamen Namen für die ver- 
schiedenen einschlägigen Fälle verwerfen, sondern dem Begriffe überhaupt jede 
Realität absprechen, theils aus Konsequenzmacherei, um ja keine Anomalien im 
Rechtsgebiete zu dulden, theils aus einer an sich ehrbaren Sucht, überall einen 
inneren Erklärungsgrund herauszufinden, anstatt sich mit dem Nachweise des prak- 
tischen Bedürfnisses oder der geschichtlichen Veranlassung zu begnügen. Im Gan- 
zen haben die Gegner des a. B. mit ihren manchmal nicht ohne Scharfsinn, oft 
aber oberflächlich und fast immer einseitig geführten Angriffen doch bis jetzt nicht 
vermocht, die Hauptergebnisse der Savigny'schen Forschung zu erschüttern. 
Eine ganz andere Frage, als die nach der Existenz des a. B., ist die, ob 
dieses Institut im Justin. R. nach vollständiger Ausbildung der Cession und nach 
Umbildung des Interdictum utrubi nicht als etwas Ueberflüssiges, Entbehrliches 
erscheine Und die Frage mag zu bejahen sein, denn im Justin. R. kann der 
Zweck, dem der a. B. dient, auf anderen Wegen ohne Anomalie erreicht werden. 
Heutzutage zeigt sich übrigens die Tendenz, „überhaupt dem bloßen Inhaber 
einer Sache schon als solchem Besitzesschutz zu gewähren“ (Arndts). — Im 
Preuß. LR. gehören die Fälle des a. B. unter den weiteren Begriff des unvoll- 
ständigen Besitzes, der Demjenigen zusteht, welcher eine Sache oder ein Recht. 
zwar als fremdes Eigenthum, aber doch in der Absicht, darüber für sich selbst zu 
verfügen, in sein Gewahrsam übernommen hat (Preuß. „R. I, 7, §. 6), wohin 
auch der Kommodatar, der Miether, der Pächter gehören, und überhaupt die- 
jenigen Inhaber, welche mit der Detention die Ausübung eines Rechts verbinden. 
Dem Franz. R. ist a. B. unbekannt; Precarium existirt nicht; der Faustpfand- 
gläubiger, der Antichrefist, der Sequester sind bloße Detentoren; der Emphyteuta 
und der Superfiziar find juris possessores.
	        
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