90 Amtserschleichung — Amtsgerichte.
mittelbaren Reichsbeamten (Militärbeamten) ausgedehnt. — Nach Art. 108
der Preuß. Verf. sind alle Staatsbeamten verpflichtet, dem Könige den Eid der
Treue und des Gehorsams zu leisten und außerdem die gewissenhafte Beobachtung
der Verfassung zu beschwören. — Der A. wird nur einmal, bei der ersten Anstellung
geleistet. Werden einem Beamten später andere Aemter übertragen, so genügt in
der Regel die Verweisung auf den früher geleisteten A. und die Erklärung des
Beamten, daß er sich durch denselben weiter für verpflichtet erachte.
Lit.: Zachariä, Deutsches Staats= und Bundes-R., Thl. II. S. 34 ff. 41. — E. Meier
in Bluntschli's Staatswörterbuch s. v. Eid. — v. Rönne, Staats-R. des Deutschen Reiches
(2. Aufl.), Bd. 1 (1876), S. 346 ff. — Laband, Staats-R. des Deutschen Reiches, Bd. 1 (18760),
S. 408 ff. — Schulze, Preuß. Staats-R., Bd.'I, S. 322 ff. — v. Rönne, Staats-R. der
Preuß. Monarchie (3. Aufl.), Bd. I, Abth. 2, S. 590 ff.; Bd. II, Abth. 1, S. S# w
och o w.
Amtserschleichung im engern Sinne ist die widerrechtliche Amtserlangung,
die von Jemandem für sich oder für einen Anderen erstrebt wird (crimen ambitus).
In einem weiteren Sinne umfaßt fie auch die widerrechtliche Amtsbesetzung
und ist in diesem Falle ein Amtsverbrechen. Eine andere Eintheilung scheidet
den weltlichen ambitus von dem geistlichen, einer Art der Simonie.
Verschiedene Gesetze der Röm. Republik sowie die lex Julia de ambitu (746
a. u. c.) bedrohten die A. bei Staatsämtern mit Geldbuße von 100 aurei und
Infamie. Ein S. C. übertrug die Bestimmungen der 1. Julia auf die Munizipien,
während spätere Kaisergesetze auch die widerrechtliche Amtsertheilung mit Konfis-
kation der angenommenen Geschenke, Exil, selbst Züchtigung bestraften und Unfähig-
keit des Kandidaten zur Verwaltung des fraglichen Amtes festsetzten. .
Die geistlichen Gesetze bedrohten den ambitus ecclesiasticus mit Wiederab-
setzung und Exkommunikation. Für das Gem. R. nahm die herrschende Ansicht,
unter Anwendung der Röm. Grundsätze auf Geschworene, Volksvertreter, Kommu-
nalbeamten 2c., arbiträre Strafen an.
Die neueren Gesetze schwiegen von dem Delikt entweder ganz oder behandelten
es als Spezies amtlicher Bestechung, wie Oesterreich, § 105, oder ließen es
durch Bestechung und Gewalt vollbringen, wie Braunschweig, § 113; oder
durch Betrug und Bestechung, wie Großh. Hessen, 88 482, 483; oder durch
Fälschung und andere Verbrechen, wie Baden, §§ 709—714; oder durch An-
wendung von Geschenken, Versprechungen, Drohungen oder Betrug, wie Han-
nover, §§ 154, 155. Die Wahlbestechung erwähnten Sachsen, Art. 368,
Hannover, Art. 155, Baden, § 711, Großh. Hessen, Art. 202, 203,
Braunschweig, § 114, Bayern (1861), Art. 152. Den Kauf und Verkauf
von Wahlstimmen bedrohte Preußen, § 86. Der Präsentationsberechtigungen
erwähnte Baden, § 710. Weiteres sehe man unter den Art. Amtsver-
brechen, Bestechung und Wahlvergehen.
Tuellen u. Lit.: D. 48, 14 de lege Julia ambitus. — Cod. 9, 26 ad legem Juliam
de ambitu. — Nov. s, 123, 161. — X. lib. V tit. 3 de simonia. — Rein, 701—733.—
Morstadt zu Feuerbach, §§ 181 ff. — Häberlin, IV. 398—402. — Heffter, Lehrb.,
§ 52, X10. — Schütze, Lehrb., (2) 1874, S. 523.— Carrara, Programma V., §§ 2486
—5000. — Giuliani, Istituzioni di diritto criminale, (3) 1856, II, p. 1322. — Carmig-
nani. Elementi di diritto Criminale ed. Ambrosoli 1863, p. 294. — Ueber fumi venditio
vgl. Carrara. Opuscoli, II. 380; III. 483. — Ueber contractus suffragii: Rein, 724.
Teichmann.
Amtsgerichte (vgl. d. Art. Gerichtsverfassung). Die A. find nur
Gerichte erster Instanz. Ihre sachliche Zuständigkeit erstreckt sich auf bürgerliche
Rechtsstreitigkeiten und auf Strassachen. Für Straffachen sind die A. erkennende
Gerichte (Schöffengerichte); es kann aber auch die Führung der Voruntersuchung
sowol im Ganzen, wie auch die Vornahme einzelner Untersuchungshandlungen einem
Amtsrichter übertragen werden (StrasP O. §§ 183, 184).