Reichsbank. 359
4) Soll insbesondere die Central= oder Monopolbank als reine Staats-
anstalt oder, wenigstens nach dem Eigenthumsverhältniß, als Privatunter-
nehmen, daher als Aktiengesellschaft oder dgl. errichtet werden? Sollen eventuell
auch die übrigen kleineren Zettelbanken als wirkliche öffentliche Anstalten den
Selbstverwaltungskörpern (z. B. den Provinzen) übertragen werden, ausschließlich
oder neben privatwirthschaftlichen Zettelbankunternehmungen, als welche dann meistens
nur Aktiengesellschaften zur Erwägung kommen werden?
Diese Fragen sind wiederum nicht absolut, sondern nach den konkreten Verhält-
nissen zu entscheiden. In banktechnischer Hinsicht kann weder von einem all-
gemeinen Vorzug noch einem solchen Nachtheil des einen oder des anderen Systems
die Rede sein. Nach seiner technischen Natur, welche vollends hier alles spekulative
Moment ausschließt, eignet sich das Zettelbankgeschäft und die Notenausgabe sowol
für die Besorgung durch einen öffentlichen Körper (Staat u. s. w.), als durch Aktien-
gesellschaften. Die üblichen Gründe gegen solchen Gesellschafts= und gegen Staats-
betrieb treffen nicht zu. Gegen große eigentliche Staatsbanken hat man politische,
namentlich kriegs politische Bedenken geltend gemacht, indem deren Fonds bei einem
unglücklichen Kriege gefährdet sein würden, und zu erwägen bleibt dies Moment,
das bei uns mit für die Errichtung der R. als Privatunternehmen den Ausschlag
gab. Andererseits hat man allgemein-volkswirthschaftliche, finanzielle und sozial-
politische Gründe für reine Staatsbanken vorgebracht, die wol entscheiden dürften.
Indessen ist zuzugestehen, daß man, wie bei uns, auch eine Centralbank als Privat-
unternehmen ganz unter Staatsverwaltung stellen, die fachmännisch-technische
Beihülfe von Vertretungsorganen der Privatinteressenten dann besonders leicht und
zweckmäßig einrichten kann, ohne doch den Einfluß dieser Kreise zu sehr zu stärken,
und daß sich durch Gewinnbetheiligung des Staates dessen finanzielle Interessen
an der Ausnutzung eines Notenregals genügend wahrnehmen lassen. So ist, wie bei
der Preußischen und jetzt der R., der Unterschied nicht groß. Namentlich müßte der
Staat ja doch die Bank mit einem eigenen Kapital ausstatten, das ihm direkt oder
indirekt (bei Beschaffung durch Anleihen oder aus disponiblen Staatsfonds) wenigstens
großentheils die Zinsen kosten würde, welche im anderen Falle die Aktionäre als
Dividende für ihr Kapital beziehen. Die Fortentwickelung der Dinge möchte gleichwol
bei uns zur reinen Staatsbank hinführen, d. h. zur vollen gemeinwirthschaftlichen.
Organisation des Zettelbankwesens.
Weniger noch als bei der Centralbank ist bei kleinen Banken eines ohnehin
einmal auf dem Konzessionsprinzip und der Staatskontrole beruhenden Zettelbank-
wesens für die Form der Aktiengesellschaft zu sagen. Körper, wie in Deutschland
die Mittelstaaten und die Preußischen Provinzen, wären ganz geeignet, solche kleinere
Zettelbanken auf eigene Rechnung zu betreiben. Die Schwierigkeiten der materiellen
Kontrole der Verwaltung würden solchen Banken gegenüber erheblich geringer als
bei Aktienbanken sein.
5) Welches ist, unter Voraussetzung des Notenregals und des Konzessionssystems
als der Rechtsbasis des Zettelbankwesens, die passendste Gestaltung des Rechts für
die Einrichtung und den Betrieb der Banken?
Einzelnes wird auch hier nach den Landes= und Zeitverhältnissen zu bestimmen
sein. Die leitenden Grundzüge der Einrichtung und des Betriebes folgen aber
aus dem Wesen und der Funktion der Zettelbank. Im Ganzen werden die Vor-
schriften für die Centralbank und für die etwaigen kleinen Banken übereinstimmen
können, doch wird der ersteren ein größeres Notenrecht zu gewähren, aber auch
ein stärkeres Stammkapital und die Haltung eines größeren Baar-
vorraths vorzuschreiben, vielleicht auch der Geschäftskreis in den Aktiv= und den
übrigen Passivgeschäften etwas zu verengern sein. Die wichtigeren Bestimmungen
betreffen folgende Punkte: