Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Schadensersatz. 533 
Bezeichnung hervorzuheben, daß diese Ansprüche auf dem Grenzgebiet zwischen Strafe 
und S. liegen und eigenthümlichen Regeln folgen (s. den Art. Buße). 
1. Der vermögensrechtliche Schaden ist immer Minderung des Vermögens. 
Eine Minderung liegt nicht nur dann vor, wenn durch das schädigende Ereigniß 
dem Vermögen des Geschädigten ein Werth entzogen wird, welcher ihm schon an— 
gehörte (damnum emergens, positiver Schaden, wirklicher Schaden, HGB. 
Art. 283), sondern auch wenn dadurch eine Mehrung entgeht, welche ohne dasselbe 
dem Vermögen zugekommen wäre (lucrum cessans, entgangener Gewinn). 
Zum positiven Schaden zählt auch die Belastung des Vermögens mit Verpflich- 
tungen (amisisse dicemur, duod 2erogare cogimur, 1. 33 pr. D. ad leg. Aq. 9, 2). 
Bei dem Anschlag des Schadens wird entweder der Werth zu Grunde gelegt, 
welchen ein Gegenstand für Jedermann, oder derjenige, welchen er für den zu Ent- 
schädigenden hat oder hatte. Jenes ist der gemeine Werth (gemeine Handels- 
werth, H#B. Art. 396), der wirkliche Tauschwerth, vera rei aestimatio, dieses das 
Interesse (s. diesen Art.). Hiermit deckt sich nicht völlig die Unterscheidung von 
unmittelbarem und mittelbarem Schaden. Unter jenem versteht man die 
nachtheiligen Folgen, welche das schädigende Ereigniß nach dem gewöhnlichen Lauf 
der Dinge unter allgemeinen Verhältnissen verursacht, im Gegensatz zu dem durch 
besondere, regelmäßig nicht vorhandene Umstände vermittelten (Preuß. LR. I. 6 
§§ 2, 3; Zürch. privatr. GB. § 997). 
2. Das regelmäßige Ersatzmittel ist Geld, aber ein anderer Gegenstand 
grundsätzlich nicht ausgeschlossen (z. B. 1. 9 pr. locati 19, 2; Preuß. LR. II. 15 
§§ 17—22;: Preuß. Expropr.-Ges. § 7). Die Geldentschädigung besteht meistens 
in einer Kapitalsumme, zuweilen in einer Rente (z. B. Haftpflichtgesetz § 7). 
3. Die S.pflicht kann ihren Rechtsgrund haben ag in der absichtlichen oder 
fahrlässigen Verschuldung des Schadens, sei es durch Delikt oder durch Verletzung 
einer bestehenden obligatorischen Verbindlichkeit, b) im Verzug, c) in der Ueber- 
bindung durch Rechtsgeschäft, Vertrag (z. B. cautio damni infecti, Versicherungs- 
vertrag) oder durch letztwillige Verfügung, d) in besonderer Rechtsvorschrift ohne Ver- 
schulden des Ersatzpflichtigen (z. B. Schiffer und Gastwirthe, s. den Art. Receptum, 
die Befrachter eines Schiffes in Folge Schiffswurfs, der Erwerber aus Zwangs- 
enteignung, der Betriebsunternehmer in Folge des Haftpflichtgesetzes). 
Der S. bildet zuweilen den ursprünglichen Gegenstand der obligatio (bei De- 
likt, Expropriation, Haftpflichtgesetz u. s. w.). Anderwärts tritt er in eine bestehende 
obligatio ein (namentlich bei Verletzung obligatorischer Verbindlichkeiten), und zwar 
entweder an Stelle der bisher geschuldeten Leistung oder neben dieselbe (wegen nicht 
rechtzeitiger oder sonst unvollkommener Erfüllung, aber auch aus anderen Gründen, 
z. B. Schiffswurf). 
4. Jeder S. anspruch ist bedingt durch den Nachweis des ursächlichen Zu- 
sammenhangs zwischen dem Ereigniß, für welches der Belangte einzustehen hat, 
und dem Nachtheil, dessen Vergütung gefordert wird. Der eingetretene Schaden 
muß die Folge der von dem Belangten zu vertretenden Handlung, Unterlassung oder 
sonstigen Begebenheit sein. Dieser Beweis kann Schwierigkeiten unterliegen, insonder- 
heit wenn mittelbarer Schaden und ganz besonders wenn mittelbarer Gewinnentgang 
in Frage steht. Hieran scheitert nicht selten der Ersatzanspruch. Dieses thatsäch- 
liche Ergebniß darf aber nicht zur Aufstellung des Satzes verleiten, daß mittelbarer 
Gewinnentgang überhaupt nicht oder nur in beschränkter Beziehung (Ortsinteresse) 
Ersatzgegenstand sei. Im Gemeinen Recht hat dieser Satz keinen Boden. Das 
Preuß. LR. (I. 6 § 6) läßt die Berücksichtigung desjenigen nicht im „gewöhnlichen 
Lauf der Dinge und der Geschäfte des bürgerlichen Lebens“ begründeten Gewinns 
zu, welcher „vermöge schon getroffener Veranstaltungen und Vorkehrungen ver- 
nünftigerweise erwartet werden konnte“. Zur Annahme des ursächlichen Zusammen- 
hangs wird nicht absolute Gewißheit gefordert. Es genügt der Nachweis, daß ohne
	        
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