148 1870. Verttaͤge.
bestimmter Volkskreise vor das Gericht der Nation, wenn Sie die Sache
auf diese Weise vor ein deutsches Parlament bringen. Nun, meine Herren,
in diesem Sinne wenden wir uns an Sie für unsern Antrag. Wir wissen
ja, wie bei der ersten Konstituirung des Norddeutschen Bundes die Dinge
lagen. Viele von uns — ich gehöre auch dazu — haben sich nicht mit der
Idee befreunden können, bei Gründung der Bundesverfassung die Garantien
der inneren Freiheit nicht zugleich ausreichend festzusetzen. Wir sind von
Ihnen, meine Herren, damit vertröstet worden, man solle mit der Einheit
beginnen, die andern Dinge werden ja allmälig in einem gesunden Ent-
wickelungsgange auch nach jener Seite hin zum Ausdruck gelangen. Wir
haben mit Ihnen, indem wir uns auf den Boden der einmal gegebenen
Verfassung stellten, ein ganzes Stück gedeihlicher Entwicklung durchgemacht,
indem wir Hand in Hand dafür wirkten, daß manches Gute zu Stande
kam, was vorher nicht zu erlangen war in den Gesetzgebungen der Einzel-
staaten und hier von uns erreicht worden ist. Aber, meine Herren, in dem
Augenblick, wo Sie den jetzigen Vertragsbestimmungen und Aenderungen
unserer Verfassung zustimmrn, schließen Sie mit der Möglichkeit dieser Ent-
wickelung auf lange Zeit ab! Und noch mehr. (Zustimmung links.) Wir
opfern auch noch das, was man als die einzige Errungenschaft betrachten
mußte, der wir viele Freiheitsrechte opfern mußten: Wir opfern auch noch
die Eiuheit der Nation nach Außen!! Was soll daraus werden, wenn wir
auf diesem Wege fortgehen? Meine Herren, es ist der erste Schritt, den
man Ihnen zu thun ansinnt, die Dinge in die Lage von 1815 und in den
Gang der föderativen Entwickelung des alten Bundestags zu bringen! (Sehr
wahr.) Sollen denn alle die großen Kämpfe und Siege unseres Volkes nie
zu etwas Anderem leiten, als daß die ganzen Zustände diplomatisch von den
Fürsten geregelt werden, und daß dic dynastischen Interessen überwiegend
vor den nationalen darin zum Ausdruck gelangen? Nein, meine Herren,
Dem haben wir entgegenzuwirken, und das sind die wahren Konservativen,
die für die Verfassung des neuen deutschen Bundes die Garantien fordem,
vermöge deren unsere staatlichen Verhältnisse ruhig und friedlich unter Mit-
wirkung aller Faktoren des öffentlichen Lebens der weiteren Fortbildung eut-
gegengeführt werden, aber nicht diejenigen, die die Sache hier zu einem so
traurigen Abschluß bringen, der — ich sagte das schon — uns neue und
große Katastrophen in Aussicht stellt, um am Ende doch den nationalen
Geist und das nationale Bedürfniß zu seinem Auedruck zu bringen. (Bravo!
links.)
Bundesraths -Bevollmächtigter, Präs. des Bundes-Oberhandesgerichte
Dr. Dape (Preußen)"): Meine Herren, die Argumentation, worauf der ein-
gebrachte präjudizielle Antrag beruht, ist nach meiner Ueberzeugung in keiner
Weise zu halten. Wird zunächst von der Verlängerung der Legislaturperiode
) St. B. S. 74 r. g. o.