Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

II. Kammer. Eckharkt. 377 
werumg gefunden. Während man in Würtemberg erklärt hat, daß es mit 
der Aufregung cines so heftigen Krieges absolut unverträglich sei, das Land 
auch nech in eine Wahlagitation zu stürzen, hat man in unserem Lande 
diese Frage unter gleichen Verhältnissen anders beantwortet. Sie sehen also, 
das riese Frage nicht rein objektiv und unbefangen aufgefaßt worden ist, 
sendern daß bei deren Beantwortung die verschiedenen Partei-Anschauangen 
verzugsweise maßgebend waren. Die Regierung wird ihrerseits Veranlassung 
finden, über diese Frage heute Ihnen gegenüber sich auszusprechen. Was 
die einzelnen Mitglieder der Kammer betrifft, so war es ihnen trotz allen 
Kathes, der da und dort ertheilt worden ist, nicht möglich, an der Sache 
vesentlich etwas zu ändern; es war nicht möglich durch einen Austritt aus 
dem gegenwärtigen Hause, weil auf diese Weise die Wirksamkeit des neuen 
Vablgesctzes für die Ersatzwahl doch nicht eingetreten wäre, es war noch 
rel weniger durchführbar durch einfaches Wegbleiben von den Berathungen. 
Es war vielmehr Pflicht des Hauses, sich zu versammeln, wie dies auch in 
der That — und zwar in voller Zahl — geschehen ist. Gestatten Sie mir, 
berer ich die Verträge selbst prüfe, einige Blicke zu werfen in die nächste 
Vergangenheit. Ich werde nicht weiter zurückgehen., als bis zu jenem Zet- 
runkt, in welchem der Grund gelegt worden ist zu dieser ganzen staatlichen 
Gestoltung, wie sie Ihnen jetzt in ihrem ganzen Umfange zur Berathung 
und Entscheidung vorliegt. Es ist das Jahr 1866, in welchem, allerdings 
in haner und rauher Weise, mit den früheren Zuständen Deutschlands 
gründlich gebrochen, in welchem durch die ehernen Würfel des Krieges jener 
für Deutschland so verderbliche Dualismus der Verfassung von 1815 be- 
seitigt, und in welchem als eine Frucht des Krieges die Einigung des 
weitaus größeren Theiles von Deutschland gepflückt und eingeheimst wurde. 
Es ist schon im folgenden Jahre die Verfassung des Norddeutschen Bundes 
errichtet worden und diese Verfassung ist es, die auch heute wesentlich 
unserer Betrachtung, Beurtheilung und Zustimmung unterbreitet wird. Der 
Norddeutsche Bund ist, wie dessen Verfassung selbst sagt, gegründet worden 
„zum Schutz des Bundesgebietes und des innerhalb desselben giltigen 
Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt des deutschen Volkes“. Ich will 
Sie nicht in die Einzelheiten jener Bundesverfassung einführen, ich werde 
mich darauf beschränken, Sie in großen Zügen mit dem Inhalte derselben 
bekannt zu machen. Sie wissen, daß in jener Verfassung zunächst von dem 
Gebiete die Rede ist, das als territoriale Grundlage derselben gelten soll; 
es ist ferner die Rede von der Gesetzgebung und den Organen jenes Bundes, 
ren dem Bundesrath, von dem Bundes-Präsidium und von dem Reichstage. 
Sodann handeln einzelne Abschnitte von den bedeutenderen gemeinschaftlichen 
Angelegenheiten, ron dem Zoll= und Haudelswesen, von dem Eisenbahnwesen, 
von dem Post= und Telegraphenwesen, von der Marine und Schifffahrt, 
don dem Konsulatwesen, von dem Bundeskriegswesen und von den Bundes- 
Finanzen. Sie sehen, daß eine ziemlich bedeutende Zahl von Angelegen-
	        
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