414 Baden. Verhandlungen der ersten Kammer.
blickt und zugleich die Beseitigung der größten Uebelstände, namentlich der
vom Ausland bis in die neueste Zeit ausgebeuteten Zerrissenheit des Vater-
landes und der Unsicherheit, in der sich dabei ein kleiner Staat, wie be-
sonders nach der geographischen Lage unser Großherzogthum, befand.
Redner will nur einige wenige Momente hervorheben: An dem Punkte stehend,
lang gehegte Wünsche erfüllt zu sehen, sei es dem alten Manne wohl er-
laubt, einen kurzen Rückblick auf die Geschichte zu werfen. Alle Versuche,
Deutschland zu einigen, haben beim besten Willen bisher scheitern müssen,
weil ihnen die Grundlage gefehlt habe. Es werde sich nicht so leicht
wieder ereignen, daß sich dac gesammte Fürstenthum unter einander und
mit ihren Völkern hiezu die Hand reiche. Diesmal ruhe das Werk auf
der vollkommensten legalen Grundlage. Gerade diese volle Gesetzlichkeit
verbürge die Dauer, eutspreche dem Grundcharakter des deutschen Volkes,
das in Achtung vor dem Gesetz und der Sitte, in Treue gegen seine
Fürsten lebend, die Freiheit liebe, mit ihr aber ihre alleinige Schirmerin,
die Ordnung. Das andere Mement, das für die Verträge in Betracht
falle, sei, daß wir zum ersten Male in voller freier Selbstbestimmung, un-
beeinflußt von Außen, als Deutsche uns unsere Verfassung geben. Dies
sei noch nie dagewesen, und eben weil wir Fremde stets in unsere Ange-
legeuheiten hineinreden ließen, sei ein großes, kräftiges Deutschland früher
nicht erreicht worden. Redner erinnert als Beleg für solchen fremden
Einfluß an die Jahre 1866 und 1815. Das dritte Moment, die jetzt
gebetene Gelegenheit zu ergreifen, finde er in derjenigen Verpflichtung, die
wir gegen das dentsche Heer haben. Es habe uns dieses unser Selbstbe-
stimmungsrecht erkämpft. Es werde heimlehren ruhmgekrönt und siegreich,
aber einen schöneren Siegeskranz könne man den Heimkehrenden nicht ent-
gegen bringen, als das einiggeschaffene Vaterland.
Minister v. Freydors: Nachdem die Verträge bekannt und vielfach, im
Norddeutschen Reichstag, der Presse, im andern und bereits heute in diesem
Hause so ausführlich erörtert seien, auch wohl hier irgend einer Befür-
wortung nicht mehr zu bedürfen scheinen, bleibe ihm kaum etwas Nöthiges
oder Nützliches zu sagen übrig. Nur über drei Punkte, welche dem Herrn
Berichterstatter Anlaß zu Ausstellungen geboten, erlaube er sich, kurze Auf-
klärung zu geben. Zunächst sei die Bildung des politischen Ausschusses
aus den drei Königreichen getadelt und nach dessen Bedeutung gefragt
worden. Die letztere möge aus dem einen, auch bereits hervorgehobenen
Umstande erwogen werden, daß die Präsidialmacht darin fehlt. Der Ur-
sprung dieses Ausschusses liege in dem Gedanken, daß künftig zu einer
Kriegserklärung, von einem Angriff auf deutsches Bundesgebiet abgesehen,
die Zustimmung des künftigen Bundesraths erfordert werde. Daraus habe
sich das Bedürfniß und der Wunsch entwickelt, über die politische Auge-
legenheit und diplematischen Verhandlungen im Laufenden erhalten zu