Präsident. Abstimmung. 481
Fräsident: Da ich in dieser hohen Kammer mich seiner Zeit mit voll-
ster Entschiedenheit gegen den Eintritt der Provinzen Starkenburg und
Nheinbessen in den Norddeutschen Bund ausgesprochen habe, dagegen durch
die Macht der Thatsachen gezwungen bin, heute für den Vertrag von Ver-
soilles zu stimmen, so glaube ich es mir selbst schuldig zu sein, meine Ab-
stimmung mit einigen Worten zu motiviren. Ich werde mich sehr kurz
fafsen, da Manches, was ich sonst sagen möchte und auf dem Herzen habe,
sich in einem Augenblicke, in welchem die Söhne des Vaterlandes im Felde
stchen, etwas geschmacklos ausnehmen würde. Ich habe meine Ansichten
richt geändert, aber die thatsächlichen Verhältnisse haben sich geändert. Als
ich die Ehre hatte in dieser hoben Kammer gegen den Gintritt der südlich
des Mains gelegenen Provinzen des Großherzogthums in den Norddeutschen
Bund mich sehr entschieden auszusprechen, gab es noch drei deutsche Staaten,
ralche selbstständig waren und deren Selbstständigkeit damals nicht in Frage
gestellt war. Heute ist das thatsächliche Verhältniß ein anderes. Daß der Nach-
kaarftgat Baden in den Norddeutschen Bund eintreten wird, ist bereits gar
krinem Zweifel unterworfen, es ist auch keinem Zweifel untenworfen, daß
Zürtemberg demselben beitreten wird und ist jedenfalls sehr möglich, daß
das Königreich Baiern demselben beitreten wird. Die Provinz Oberhessen
zebort dem Bunde bereits an, und ich muß es nach reiflicher innerer Ueberlegung
für eine Unmöglichkeit halten, daß dann die Provinzen Starkenburg und Rhein-
bessen den selbstständigen rothen Fleck auf der Landkarte von Deutschland
biden, welchen die Republik San Marino durch viele Jahrzehnte auf der
Karte von Italien gebildet hat. Ich werde deshalb, ohne meine Ansichten
in Geringsten verändert zu haben, gedrungen durch die Macht der That-
sackn, für den Vertrag von Versailles, für die Vorlage der Großherzoglichen
Rezierung stimmen.
Nachdem sich zwei Redner noch ausdrücklich diesen Motiven angeschlossen
batten, wurde bei der Abstimmung einstimmig die Genehmigung zu
dan Verträgen ertheilt’).
5) S. 637 o.