Abschnitt XVIII. Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. 993
gekommen sind, aber noch keine verdächtigen Krankheitserscheinungen zeigen, find in
besonderen Stallräumen unter polizeiliche Beobachtung zu stellen. In diese Stall-
räume dürfen andere Pferde nicht eingestellt werden.
§. 47. Die Polizeibehörde hat die unter Beobachtung gestellten Pferde mindestens
alle vierzehn Tage durch den beamteten Thierarzt untersuchen zu lassen.
§. 48. Der Besitzer der unter Beobachtung gestellten Pferde oder dessen Ver-
treter ist anzuhalten, von dem Auftreten verdächtiger Krankbeitserscheinungen an einem
Pferde, insbesondere von Nasenansfluß, Drüsenanschwellungen im Kehlgange oder
Anschwellungen in der Haut der Polizeibehörde ohne Verzug eine Anzeige zu machen
und das erkrankte Pferd sofort von den übrigen Pferden abzusondern und unter Stall-
sperre zu halken.
Die Polizeibehörde hat auf diese Anzeige unverzüglich eine Untersuchung des
Pferdes durch den beamteten Thierarzt zu veranlassen.
§. 49. So lange die unter Beobachtung stehenden Pferde bei der thierärztlichen
Untersuchung frei von rotzverdächtigen Krankheitserscheinungen befunden werden, ist
der Gebrauch derselben innerhalb der Grenzen des Ortes und der Feldmark zu
estatten.
1 Der Gebrauch der Pferde außerhalb des Ortes und der Feldmark darf nur mit
ausdrücklicher Erlaubniß der Polizeibehörde stattfinden. Diese Erlaubniß ist nur unter
der Bedingung zu ertheilen, daß die Pferde nicht in andere Stallungen eingestellt
und daß für dieselben fremde Futterkrippen, Tränkeimer oder Geräthschaften nicht be-
nutzt werden.
#§. 50. Die Dauer der polizeilichen Beobachtung ist mindestens auf sechs Monate
sestzusetzen.
l• Gerend dieser Zeit dürfen die Pferde ohne schriftliche Erlaubniß der Polizei-
behörde nicht in andere Stallungen oder Räumlichkeiten gebracht werden.
Im Falle der mit polizeilicher Erlaubniß erfolgten Ueberführung ist die Beob-
achtung in den neuen Stallungen oder Räumlichkeiten fortzusetzen.
Wird die Erlaubniß zur Ueberführung der Pferde in einen anderen Polizeibezirk
erkheilt, so muß die betreffende Polizeibehörde behufs Fortsetzung der Beobachtung von
der Sachlage in Keuntniß gesetzt werden.
§. 51. Wird den polizeilichen Anordnungen von dem Besitzer der unter Beob-
achtung gestellten Pferde nicht pünktlich Folge geleistet, so sind die betreffenden Pferde
sosort der Stallsperre zu unterwerfen.
§. 52. Ist ein wegen Verdachtes der Ansteckung unter Beobachtung (§. 46)
oder Stallsperre (§. 51) gestelltes Pferd gefallen oder auf Veranlassung des Besitzers
getödtet worden, so hat die Polizeibehörde die Zerlegung des Pferdes durch den
beamteten Thierarzt anzuordnen.
Die nach dem Ergebnisse der Zerlegung erforderlichen anderweitigen Anordnungen
sind von der Polizeibehörde ohne Verzug zu treffen.
§. 53. Die Polizeibehörde hat die Tödtung von Pferden, welche der Ansteckung
verdächtig sind, anzuordnen, wenn der Besitzer die Tödtung beantragt und nach dem
Ermessen der höheren Behörde die beschleunigte Unterdrückung der Seuche im öffent-
lichen Interesse erforderlich ist.
e) Desinfektion.
§s. 54. Die Desinfektion der Stallungen und Räumlichkeiten, in welchen rotz-
kranke oder der Seuche verdächtige Pferde gestanden haben, sowie der Krippen, Raufen,
Tränkeimer und Geräthschaften, welche bei den Thieren benutzt worden sind, der Ge-
schirre, Decken, Sättel, sowie der Deichseln, an denen solche Pferde gearbeitet haben,
muß nach Anordnung des beamteten Thierarztes und unter polizeilicher Ueberwachung
erfolgen. Von der Desinfektion ist abzusehen, wenn nur der Seuche verdächtige
Pferde in dem Stalle gestanden haben und diese von dem beamteten Thierarzie für
rotzfrei erklärt worden find. » «»
Die Polizeibehörde hat den Besitzer anzuhalten, die erforderlichen Desinfektions-
arbeiten ohne Verzug ausführen zu lassen. Z„
Ueber die erfolgte Ausführung der Desinfektion hat der beamtete Thierarzt der
Polizeibehörde eine Bescheinigung einzureichen.
Illing-Kautz, Handbach 1, 7. Aufl. 63