Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XIX. Enteignungs-Gesetz. 1031 
  
Zu Anmerkung 4 auf S. 1030. 
die Gutachten auszusprechen. Sofern die Schwierigkeit der Schätzung die Erklärung 
des Gutachtens zu Protokoll nicht gestatten sollte, darf der Fortgang des Verfahrens 
keinesfalls auf unbestimmte Zeit ausgesetzt werden. Es wird deshalb in diesen Fällen 
dem Sachverständigen eine ausreichende Frist zur Einreichung des schriftlichen Gut- 
achtens zu setzen und gleichzeitig ein Termin zur Erklärung der Betheiligten über die 
ihnen mitzutheilende Schätzung zu bestimmen sein. 
6. Die Anordnung, daß wegen Dringlichkeit der Sache die Enteignung noch 
vor Erledigung des Rechtsweges erfolgen solle, ist von dem Unternehmer mit dem 
Antrage auf Feststellung der Entschädigung, jedenfalls aber so zeitig zu beantragen, 
daß dieselbe gleichzeitig mit dem die Entschädigung feststellenden Beschlusse getroffen 
werden kann. 
7. Sorgfältig ist darauf zu achten, daß die zum Zwecke der Hinterlegung der 
Entschädigungen den Hinterlegungsbehörden einzureichenden Erklärungen dem §. 14 
Hinterlegungsord. 14. März 1879 (G. S. S. 249) und den Anordnungen des dies- 
seitigen Cirk. Erl. 3. Nov. 1879 entsprechen, um Vervollständigungen zu erübrigen, 
welche nach den erstatteten Berichten häusige Verzögerungen zur Folge haben. Die 
bauausführenden Behörden müssen sich hierbei stets gegenwärtig halten, daß den zur 
Bollziehung der Enteignung zuständigen Behörden deren Prüfung in der doppelten 
Richtung obliegt, ob der Pflicht zur Leistung der Entschädigung durch ihre Hinter- 
legung genügt werde, und ob aus der Hinterlegungserklärung alle der Zablung ent- 
gegenstehenden Hindernisse mit Sicherheit zu entnehmen seien. Um die Prüfung in 
der ersteren Richtung zu ermöglichen, bedarf es, insbesondere in den von dem Ent- 
eignungsgesetze nicht hervorgehobenen Fällen, in welchen der Unternehmer wegen Ver- 
weigerung der Annahme der Zahlung oder wegen anderweiter, in der Person des 
Gläubigers liegender Hinderungsgründe zur Hinterlegung der Entschädigung berechtigt 
ist, der genauen und vollständigen Darlegung derjenigen Thatsachen, welche nach den 
allgemeinen Rechtsgrundsätzen das Recht zur Hinterlegung mit der Wirkung der Zah- 
lung begründen. In letzterer Beziehung ist die Vollständigkeit der Augaben über die 
Rechte Dritter, welche der Zahlung entgegenstehen, absolutes Erforderniß. Dazu ge- 
hört nicht allein die erschöpfende Bezeichnung dieser Rechte nach ihrem Inhalt und 
Umfang, sondern auch die genaue Bezeichnung der Person des Berechtigten, bei pfand- 
rechtlich gesicherten Forderungen insbesondere der Angabe des Betrages der Haupt- 
forderung und Nebenforderungen an Zinsen u. s. w. dergestalt, daß die Hinterlegungs- 
behörde demnächst zu prüfen im Stande ist, ob die ihr nachgewiesenen Zahlungen oder 
sonstigen der Zahlung gleichstehenden Rechtsakte die völlige Tilgung der Forderungen 
zur Folge haben, wegen deren die Hinterlegung erfolgen mußte. 
8. Bielfach find Klagen darüber laut geworden, daß die Entschädigungen für 
Grundflächen, welche die Unternehmer auf Grund des ihnen verliehenen Enteignungs- 
rechts mittels Durchführung des Enteignungsverfahrens oder durch Vereinbarung 
erworben haben, häufig erst nach unverhältnißmäßig langer Zeit in die Hand der 
Enischädigungsberechtigten gelangen. Insoweit die Verzögerungen ihren Grund darin 
haben, daß die Entschädigungen wegen dinglicher Belastung der betreffenden Grund- 
stücke hinterlegt werden mußten, ist es Sache der Eigenthümer, durch Beseitigung der 
Belastung die der Auszahlung der Enischädigungen entgegenstehenden Hindernisse ans 
dem Wege zu räumen. Zur Vermeidung derartiger Verzögerungen kann es aber 
dienen, wenn die Eigenthümer zeitig auf die Nothwendigkeit der Befreiung der abzu- 
wetenden Flächen von den darauf haftenden Pfandrechten und sonstigen Lasten hin- 
gewiesen werden. Die bauausführenden Behörden müssen es sich daher angelegen sein 
lassen, im Falle des Abschlusses freihändiger Berträge schon bei den demselben vor- 
ausgehenden Verhandlungen, und die Enteignungsbehörden, spätestens bei den die Fest- 
stellung der Enischädigungen betreffenden Verhandlungen die Eigenthümer über die 
rechtlichen Folgen der Belastung zu belehren und zur schleunigen Entpfändung und 
Entlastung der bezeichneten Flächen aufzufordern. 
In denjenigen Fällen, in welchen den Unternehmern der Besitz der benöthigten 
Flächen zum Zwecke der Inangriffnahme der Bauarbeiten unter Vorbehalt der Fest- 
setzung der Entschädigung im Wege der Enteignung oder Bereinbarung abgetreten 
oder ihnen diese Flächen mittels freihändigen Vertrages übertragen worden find, ist 
den Eigenthümern nicht selten die Zahlung der ihnen gebührenden Entschädigungen
	        
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