Abschnitt V. Armenwesen. Preußisches Ausführungsgesetz. 381
der gemeinsamen Armenpflege auf die einzelnen !) Gemeinde= und Gutsbezirke
erfolgt nach Maßgabe der in ihnen aufkommenden Einkommensteuer ), der
halben Gewerbesteuer, sowie der halben Grund= und Gebändesteuer. Das Ein-
kommen, welches aus außerhalb belegenem Grundbesitz oder betriebenem Ge-
werbe fließt, ist außer Berechnung zu lassen.
Das Einkommen, welches die außerhalb des Bezirkes des Gesammt-Armen-
verbandes wohnenden Personen mit Einschluß der juristischen Personen, der
Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien aus dem innerhalb
dieses Bezirkes belegenen Grundbesitz oder betriebenen Gewerbe beziehen, wird
hinsichtlich der Einkommensteuer 2) besonders veranlagt.
Den einzelnen Gemeinden bleibt die Aufbringung des auf sie vertheilten
Kostenbeitrages nach den Vorschriften der Gemeinde-Verfassungsgesetze über-
lassen.
§. 11. Die einen einheitlichen Orts-Armenverband gegenwärtig noch nicht
bildenden, aus mehreren Gemeinden oder Gutsbezirken zusammengesetzten Kom-
munalverbände (Bürgermeistereien, Aemter, Sammtgemeinden) können unter
Zustimmung des Kreistages in den Formen, welche für die Beschlußfassung
über die gemeinschaftlichen Angelegenheiten dieser Verbände vorgeschrieben sind,
als Gesammt-Armenverbände eingerichtet werden. Die Bestimmungen der Gesetze
über die Verwaltung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten der gedachten Kom-
munalverbände sind alsdann auch für die Verwaltung der gemeinsamen Armen-
pflege maßgebend?).
§. 12. Gemeinden oder Gutsbezirke"!), welche einem der in den 88. 9
und 11 gedachten Verbände nicht angehören, können mittelst gegenseitiger Ver-
einbarung als Gesammt-Armenverbände eingerichtet oder einem bestehenden Ge-
sammt-Armenverbande einverleibt werden. Die Art der Beschlußfassung über
die gemeinschaftlichen Angelegenheiten, die Vertretung des Gesammt-Armen-
verbandes nach außen, die Formen der Verwaltung und die Aufbringungs-
weise der Kosten der gemeinsamen Armenpflege sind in diesem Falle durch ein
von dem Bezirksausschusse zu bestätigendes Statut zu regeln?).
§. 13. Die Bestimmungen der 85§. 3 bis 5, betreffend die Bildung be-
sonderer Deputationen und die Verpflichtung zur Annahme unbesoldeter Stellen,
sowie die Bestimmungen des §. 6 kommen auch bezüglich der Gesammt-Armen-
verbände und deren Vertretung zur Anwendung.
§. 14. Die Wiederauflösung eines Gesammt-Armenverbandes kann nur
in den Formen, welche für die Beschlußfassung über die gemeinschaftlichen An-
gelegenheiten vorgeschrieben sind, und nur mit Genehmigung des Bezirksaus-
schusses vorgenommen werden?).
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1) Die in Rede stehenden Kosten sind überall mittelst Vertheilung auf die ein-
zelnen Gemeinden resp. Gutsbezirke aufzubringen, nicht aber mittelst einer direkten
Umlage auf die Einwohner des Gesammt--Armenverbaudes, Res. 30. Aug. 1871
(M. Bl. S. 250).
2) Ges. 24. Juni 1891 (G. S. S. 175).
3) Für die sieben östlichen Provinzen ist s§. 11 durch L. G. O. 8. 137 ersetzt.
4) Der 5. 12 findet seinem Wortlaute nach keine Anwendung auf solche Ge-
meinden, welche einem der in §. 11 erwähnten Kommunalverbände (Bürgermeistereien,
Aemter 2c.) angehören. Diese Kommunalverbände können gemäß §. 11 mittelst ver-
fassungsmäßigen Beschlusses unter Zustimmung des Kreistages, als Gesammt-Armen-
verbände eingerichtet werden. Das Recht hierzu steht aber nur der Gesammtheit der
zu einem Amte 2c. gehörigen Gemeinden zu; die einzelnen zu einem Amte gehörigen
Gemeinden sind dagegen nach §§. 11 und 12 nicht befugt, sich mit anderen einzelnen
Gemeinden zu einem Gesammt-Armenverband zu verbinden, Res. 12. Aug. 1872
(M. Bl. S. 223).
5) Für die sieben östlichen Provinzen tritt an Stelle dieser Bestimmungen die
Bestimmung in 8§. 131 Abs. 1, 138 L. G. O.
5) Vergl. L. G. O. §. 128 Abs. 3.